Gesundheitspolitik

von Dr. Christopher Niehues, LL.M. und Linda Winkelhaus, Betriebswirte und Krankenhausberater, HC&S AG, Münster, www.hcs-consult.de

Die Ökonomisierung der Medizin prägt seit Jahren die Berichterstattung in der Fach- und Publikumspresse. Dabei stehen häufig die Krankenhäuser und die DRG-Fallpauschalen im Mittelpunkt. Spätestens seit Einführung der DRG-Fallpauschalen werden Chefärzte, Oberärzte und leitende Pflegekräfte mit ökonomischen Fragestellungen konfrontiert. Ohne entsprechendes Detailwissen ist es jedoch schwierig, die komplexen Zusammenhänge der Krankenhausfinanzierung zu verstehen. 

Entwicklung der Krankenhauslandschaft

Mit einem Volumen von 89 Mrd. Euro nehmen die Krankenhäuser den größten Anteil an den deutschen Gesundheitsausgaben von 344,2 Mrd. Euro im Jahr 2015 ein (Statistisches Bundesamt 2017). Darüber hinaus ist der Kliniksektor mit ca. 1,2 Mio. Beschäftigten auch größer als z. B. die Banken- und Versicherungsbranche. Die Krankenhäuser nehmen damit nicht nur im Gesundheitswesen eine herausragende Stellung ein, sondern sind auch für die deutsche Volkswirtschaft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

In Deutschland wird die Krankenhauslandschaft durch die Trägervielfalt geprägt. Danach ist es politisch gewollt, dass sich Krankenhäuser in öffentlicher (Bund, Land, Kommunen), freigemeinnütziger (Kirchen, Wohlfahrtsverbände etc.) und privater Trägerschaft befinden. Dadurch soll Wettbewerb sichergestellt werden. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Trend zur Privatisierung öffentlicher Krankenhäuser feststellbar. Obwohl es seit 2009 erstmals mehr private als öffentliche Krankenhäuser gibt, sind die privaten Häuser oft deutlich kleiner: Während eine private Klinik durchschnittlich 130 Betten führt, sind es in öffentlicher Trägerschaft durchschnittlich 417 Betten je Haus.

Kostenstrukturen im Krankenhaus

Zu den Kostenstrukturen deutscher Krankenhäuser erhebt das Statistische Bundesamt detaillierte Daten und veröffentlicht diese jährlich im Kostennachweis der Krankenhäuser (als PDF unter http://tinyurl.com/znay96c). Demnach entfallen 60 Prozent der Gesamtkosten auf die Personalkosten. Der Anteil der Gesamtpersonalkosten für Ärzte (32,5 Prozent) unterscheidet sich kaum von dem für Pflegekräfte (29,4 Prozent). Allerdings sind die Personalkosten je Arzt mehr als doppelt so hoch wie die einer Pflegekraft (siehe Grafik).

MERKE | Für die Kosten in der Verwaltung gibt es folgenden Unterschied: Während die anteiligen Personalkosten von öffentlichen Krankenhäusern mit der Größe steigen, sinken diese Kosten in privaten Kliniken mit zunehmender Größe.

Zukünftig sind außerdem leichte Veränderungen bei der Verteilung der Sach- und Personalkosten zu erwarten. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) 2016 sollen bestimmte Sachkostenanteile innerhalb der DRG-Fallpauschalen gezielt abgewertet werden. Umgekehrt werden Pflegemaßnahmen höher gewichtet und damit gefördert. Die ersten Folgen werden erstmals 2017 sichtbar.

Komplexität der Krankenhausfinanzierung historisch bedingt

Die Komplexität der Krankenhausfinanzierung ist im Wesentlichen auf die historisch gewachsene sektorale Trennung (ambulant versus stationär) und die Besonderheiten der dualen Krankenhausfinanzierung zurückzuführen. Mit der dualen Krankenhausfinanzierung wird die Trennung zwischen Investitionskosten (finanziert durch Landesfördermittel) und Betriebskosten (über DRG-Erlöse gedeckt) beschrieben. Diese Trennung der Finanzierung führt zu besonderen Abgrenzungsproblemen.

In Deutschland sind die Krankenhäuser primär für die stationäre fachärztliche Behandlung und Pflege zuständig. Während in vielen anderen Staaten die ambulante fachärztliche Versorgung ebenfalls von den Krankenhäusern übernommen wird, ist dies im deutschen Gesundheitssystem originäre Aufgabe der niedergelassenen Fachärzte. Dies führt nicht nur zu den vielfach kritisierten Doppeluntersuchungen und Koordinationsproblemen, sondern ebenso zu einer erheblichen Komplexität der Krankenhausfinanzierung. Dabei werden die grundsätzlichen Rahmenbedingungen der Krankenhausfinanzierung im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) geregelt. Neben der Differenzierung zwischen Investitions- und Betriebskosten im Rahmen der Dualen Finanzierung ist auch zwischen den unterschiedlichen Kostenträgern mit ihren spezifischen Abrechnungsbestimmungen zu unterscheiden. Somit kann die Krankenhausfinanzierung auch als ein polygones Finanzierungssystem bezeichnet werden.

Ambulante Versorgung sorgt für Konfliktpotenzial

Ihren Hauptumsatz erzielen Krankenhäuser mit der vollstationären Behandlung. Diese wird über DRG-Fallpauschalen direkt mit der jeweiligen Krankenkasse abgerechnet. Vor- und nachstationäre Behandlungen werden dagegen mit fachabteilungsbezogenen Pauschalen pro Fall bzw. pro Behandlungstag vergütet und ebenfalls direkt mit den Kassen abgerechnet. Im Krankenhaus werden immer mehr Patienten nur ambulant behandelt. Sie machen zwar nur rund fünf Prozent der Gesamterlöse aus, bergen aber hohes Konfliktpotenzial. Denn: Ambulante Leistungen werden vom Krankenhaus i. d. R. gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nach dem EBM abgerechnet. Als politische Interessenvertretung der Niedergelassenen verwalten und verteilen die KVen jedoch ein primär für niedergelassene Ärzte vorgesehenes Budget der gesetzlichen Kassen. Streitigkeiten sind somit vorprogrammiert. Die Differenzen zwischen ambulantem und stationärem Sektor zeigen sich z. B. auch bei der Neufassung der Vergütung der ambulanten Notfallbehandlung (OH 04/2017, Seite 1 oben).

Seit Jahren wird von einer Entbürokratisierung und besseren Verzahnung der Sektoren gesprochen. Dennoch kommen jährlich neue Vergütungsmodelle und Abrechnungsregelungen hinzu. Auch das Dauerthema monistische versus duale Krankenhausfinanzierung wird von Legislaturperiode zu Legislaturperiode vertagt. Dabei kommen die Bundesländer schon lange nicht mehr ihrer Pflicht einer ausreichenden Investitionsförderung nach. Ein Folgebeitrag in OH erörtert die Besonderheiten der Investitionsfinanzierung.