Recht

Arzt darf bei Information an Behörde über fahruntüchtigen Patienten nicht zu viel preisgeben

von Sascha Lübbersmann, Fachanwalt für Strafrecht, Kanzlei Ammermann Knoche Boesing, Münster, www.kanzlei-akb.de

Ein Arzt darf zwar seine Verschwiegenheitspflicht brechen, um die Behörde über einen uneinsichtigen Patienten zu informieren, der trotz zweifelhafter Fahrtüchtigkeit am Straßenverkehr teilnehmen will. Hierfür muss er seine Information jedoch auf das Notwendige beschränken. Übersendet er z. B. den vollständigen Entlassungsbericht, obwohl dies für die Behördenentscheidung nicht nötig ist, macht er sich strafbar (Beschluss des OLG Düsseldorf vom 2.2.2016, Az. III-2 Ws 101/15 ).

Arzt übersandte umfangreiches Konvolut über Patient an Behörde

Bei dem beschuldigten Arzt wurde ein Patient behandelt, der einen Hirninfarkt mit rechtsseitiger Hemiplegie (Halbseitenlähmung) erlitten hatte. Dieses Krankheitsbild ließ daran zweifeln, dass er noch am Straßenverkehr teilnehmen konnte. Gleichwohl war der Patient nicht einsichtig und wollte wieder Auto fahren – was der Arzt mitbekam. Der Arzt hielt es für aussichtslos, mit dem Patienten hierüber zu sprechen. Er übersandte deshalb einen patientenbezogenen Entlassungsbericht mit dem Vermerk „Zweifel an der Kraftfahrtauglichkeit“ an die Behörde. Der Bericht enthielt eine ausführliche Diagnose, Angaben zum Zeitraum der stationären Behandlung und zur Therapieempfehlung sowie sonstige Hinweise zur aktuellen Anamnese.

Die Entscheidung

Das OLG erachtete diese Mitteilung als strafbare Verletzung von Privatgeheimnissen nach § 203 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB). Es beanstandete nicht die Mitteilung als solche, sondern deren Umfang. Die Richter wiesen darauf hin, dass ein Arzt trotz seiner grundsätzlichen Schweigepflicht die Behörde benachrichtigen darf, wenn ein Patient Auto fahren möchte, obwohl er hierdurch sich und andere gefährdet. Zwar müsse der Arzt seinen Patienten im Gespräch auf die drohenden Gefahren hinweisen. Dies gelte aber nicht, wenn – wie es hier der Fall war – ein Zureden wegen der Art der Erkrankung oder wegen der Uneinsichtigkeit des Patienten von vornherein zwecklos ist.

Unter diesen Voraussetzungen sei es gerechtfertigt gewesen, dass der Arzt die Behörde informiert hat – er hätte jedoch den Umfang der Information auf das unbedingt Notwendige beschränken müssen, so die Richter.

Es hätte ausgereicht, der Straßenverkehrsbehörde mitzuteilen, dass aufgrund der – zu bezeichnenden – Diagnose die Fahrtauglichkeit des Patienten vom Arzt bezweifelt wird. Schon mit dieser Information habe die Behörde prüfen können, ob der Patient geeignet ist, ein Fahrzeug zu führen. Die darüber hinausgehende Übersendung des vollständigen Entlassungsberichts mit Angaben zur stationären Behandlung und Therapieempfehlung sei deshalb nicht gerechtfertigt und folglich nach § 203 Abs. 1 StGB strafbar.