Betriebsbedingte Kündigung: erst die Leiharbeiter, dann das Stammpersonal

Bevor ein Arbeitgeber Stammbeschäftigten betriebsbedingt kündigen darf, muss er erst einmal auf die bislang fortlaufend beschäftigten Leiharbeitnehmer verzichten. Andernfalls sind die betriebsbedingten Kündigungen unwirksam, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in zwei Urteilen.

Die Kündigung eines Stammbeschäftigen war unwirksam, weil zum Kündigungszeitpunkt eine „alternative Beschäftigungsmöglichkeit“ nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG bestand: Die Firma hatte im Kündigungszeitpunkt einen dauerhaft bestehenden Arbeitsbedarf gehabt, den sie dem Kläger hätte zuweisen können. Der Dauerbedarf ergibt sich aus der fortlaufenden Beschäftigung von sechs Leiharbeitnehmern.

Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen
(…)
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
1. in Betrieben des privaten Rechts
a) die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b) der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
(…)

Werden Leiharbeitnehmer lediglich zur Abdeckung von „Auftragsspitzen“ eingesetzt, liegt keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG vor. Werden Leiharbeitnehmer aber zur Abdeckung eines Dauerbedarfs eingesetzt, kann eine solche alternative Beschäftigungsmöglichkeit vorliegen. Leiharbeitnehmer werden nicht zur Vertretung beschäftigt, wenn sie eingesetzt werden, um ein nicht schwankendes, ständig vorhandenes (Sockel-)Arbeitsvolumen abzudecken.

LAG Köln, 02.09.2020 – 5 Sa 14/20 und 5 Sa 295/20