Caritas-Arbeitgeber beschließen De-facto-Nullrunde

Die Ärztinnen und Ärzte in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes bleiben weiterhin von der Tarifentwicklung in den Ärztetarifverträgen abgehängt. Der  Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission bleibe deutlich hinter dem Tarifstandard TV-Ärzte/VKA zurück, kritisiert der Marburger Bund: „Mit Blick auf die Arbeitsbedingungen in den Caritas-Einrichtungen ist derzeit guten Gewissens keinem Arzt zu einer solchen Tätigkeit zu raten.“  


Die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes hat am 18. Juni 2020 gegen die Stimmen der Vertreter der Ärzteschaft entschieden, dem Abschluss der Tarif-Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte zuzustimmen.

Der Beschluss enthält zwar Bestandteile der Tarifeinigung zum TV-Ärzte/VKA, die der Marburger Bund rückwirkend zum 1. Januar 2019 für rund 55.000 Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Kliniken abgeschlossen hat; in weiten Teilen bleibt er aber hinter den bestehenden tarifvertraglichen Standards zurück.

„Mit einer Inkraftsetzung der maßgeblichen Regelungen zum 1. Januar 2021 haben sich die katholischen Arbeitgeber faktisch eine Nullrunde zu Lasten ihrer Ärzte gesichert“, kritisiert Dr. Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes. „Die Arbeitgeber der Caritas nehmen dabei für sich ein anachronistisches Privileg in Anspruch, um sich gegenüber anderen Krankenhausträgern einen vermeintlichen Wettbewerbsvorteil zu sichern; letztlich aber ist das eine Entscheidung gegen die Ärzteschaft“, so Botzlar weiter.

Wegen des Fehlens wirksamer Konfliktlösungsmechanismen – in Einrichtungen der Caritas herrscht bislang ein aus der Weimarer Reichsverfassung stammendes Streikverbot – konnten die Arbeitgeber letztlich nicht nur schlechtere Bedingungen durchsetzen, sondern auch noch erzwingen, dass diese deutlich später als im maßgeblichen Tarifvertrag des Marburger Bundes für die kommunalen Kliniken in Kraft treten. Die Mitarbeiterseite im Deutschen Caritasverband hatte sich bereits Anfang 2019 den damaligen Forderungen des MB zum TV-Ärzte/VKA angeschlossen.

Der Marburger Bund beteiligt sich seit dem Jahr 2017 an der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes. Das Bundesarbeitsgericht hatte eine Beteiligungsmöglichkeit der Gewerkschaften zur Voraussetzung der weiteren Aufrechterhaltung kirchlicher Sonderrechte gemacht.

Mitteilung des Marburger Bundes vom 19. Juni 2020