Recht

Der Oberarzt als Sektionsleiter

von RA Marc Rumpenhorst, FA für ArbeitsR und MedizinR, Klostermann pp., Bochum, www.klostermann-rae.de

Die bisher klassische und auch in der Vergütungsstruktur der Tarifverträge abgebildete Betriebshierarchie einer Krankenhausabteilung besteht grundsätzlich aus einem Chefarzt an der Spitze, einem leitenden Oberarzt als ständigem Vertreter sowie einer Riege von Oberärzten – vom Allrounder bis zum Spezialisten – und sowohl Fach- als auch Assistenzärzten in Weiterbildung. Allerdings weist diese Hierarchie häufig eine Lücke zwischen dem Chefarzt und den Oberärzten auf. Hier kommt der Sektions- oder Departementsleiter ins Spiel.

Spezialisierung erfordert neue Organisation

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Spezialisierung im Bereich der Medizin weist das bisher „klassische“ Modell in vielen Krankenhäusern und Abteilungen eine Lücke zwischen dem Chefarzt und den Oberärzten auf. So kann der Chefarzt einer internistischen oder chirurgischen Abteilung nicht alle acht dazugehörenden Fachgebiete vertreten. Umgekehrt kann nicht jedes Krankenhaus vier oder mehr internistische und/oder chirurgische Abteilungen entsprechend den Facharztanerkennungen vorhalten. Dieses Problem setzt sich bei der Erbringung wahlärztlicher Leistungen und dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung fort. Auch insoweit ist es dem Chefarzt als oft einzigem Wahlarzt einer Abteilung nicht möglich, sämtliche wahlärztlichen Leistungen persönlich zu erbringen, sodass diese auf mehrere Ärzte unterschiedlicher Fachbereiche verteilt werden müssen.

Die im Zuge dieser Spezialisierung entstandene Lücke schließen viele Krankenhäuser dadurch, dass einzelne Fachbereiche durch verantwortliche Ärzte unterhalb der Abteilungsebene vertreten werden. Diese organisatorisch in eine Krankenhausabteilung eingegliederten, fachlich selbstständigen Bereiche werden Sektion oder Departement, ihr ärztlicher Leiter Sektions- oder Departementsleiter genannt.

Definition: Sektion

Unter einer Sektion oder einem Departement ist also ein medizinisch-fachlich abgrenzbarer Bereich innerhalb eines Fachgebiets zu verstehen. Dieser ist organisatorisch in die Krankenhausabteilung eingegliedert, steht aber unter eigener ärztlicher Verantwortung, nämlich der des Sektions-/Departementsleiters. Das Wesensmerkmal der Sektionsleitung ist somit üblicherweise die fachliche Letztverantwortung für einen bestimmten medizinischen Bereich bei Weisungsgebundenheit in organisatorischen und personellen Fragen. Da die Sektion krankenhausgesetzlich nicht definiert ist, können – und müssen – die jeweiligen Befugnisse des Chefarztes und des Sektionsleiters vertraglich geregelt werden.

Abgrenzung Oberarzt – Sektionsleiter

Der Oberarzt ist nach der Definition der Tarifverträge der Arzt, „dem die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.“ Er übernimmt ein „mehr“ an Verantwortung im Vergleich zum Facharzt mit entsprechender Tätigkeit. Gleichwohl bleibt der Chefarzt der Abteilung immer fachlich letztverantwortlich. Dagegen ist der Sektionsleiter regelmäßig fachlich weisungsfrei, also nur in organisatorischen und personellen Fragen an die Weisungen des Chefarztes gebunden. Da der Sektionsleiter in der „klassischen“ Betriebshierarchie regelmäßig auf der Ebene der Oberärzte – mit zusätzlichen Aufgaben und Verantwortungen als Leiter der Sektion – eingeordnet wird, ist eine gleichzeitige Tätigkeit als Oberarzt der Abteilung sowie als Leiter der Sektion denkbar und möglich.

Abgrenzung Sektionsleiter – Wahlarzt

Der Sektionsleiter kann im Verhältnis Krankenhaus zu Patient als Wahlarzt angegeben werden. Haftungsrechtlich ist insoweit zu berücksichtigen, dass neben der zwischen Krankenhausträger und Patient geschlossenen Wahlleistungsvereinbarung ein sogenannter Arztzusatzvertrag zwischen dem wahlärztliche Leistungen in Anspruch nehmenden Patienten und dem Wahlarzt zustande kommt, aus dem der Wahlarzt zusätzlich haftet. Während Ärzte im Krankenhaus grundsätzlich nur für unerlaubte Handlungen, also ihr eigenes Tun, haften, haftet der Wahlarzt auch aus Vertrag und somit für von ihm im Rahmen der Erbringung wahlärztlicher Leistungen eingesetzte Erfüllungsgehilfen.

Vergütung des Sektionsleiters

Der Sektionsleiter kann als Oberarzt nach Tarif oder außertariflich beschäftigt werden. Die Vergütung muss aber mindestens der Entgeltgruppe des Oberarztes nach Tarif entsprechen. Selbstverständlich kann sie individuell höher vereinbart werden. Dabei ist zu beachten, dass sie dynamisiert vereinbart, also mit einer echten Wertsicherungsklausel abgesichert wird, damit auch zukünftige Tarifsteigerungen dem Sektionsleiter zum Ausgleich eines ansonsten drohenden Kaufkraftverlusts zugutekommen.

Die Festvergütung könnte ergänzt werden durch eine Beteiligung des Arztes an den Einnahmen des Krankenhausträgers aus wahlärztlichen und ggf. auch ambulanten privatärztlichen und/oder vertragsärztlichen Leistungen. Die Höhe der prozentualen Beteiligung lässt sich regelmäßig erst in Kenntnis der der Beteiligungsvergütung zugrunde liegenden Liquidationseinnahmen/Umsätze beurteilen. Sofern die Höhe der Liquidationseinnahmen nicht abgeschätzt werden kann, bietet sich eine – progressive oder degressive – Staffelung des Anteils des Arztes an den Liquidationseinnahmen und/oder die Garantie eines Mindesteinkommens aus der Beteiligungsvergütung an.

Zu beachten ist auf der anderen Seite, dass kein Anspruch auf die sogenannte Poolbeteiligung besteht, soweit der Sektionsleiter nicht gleichzeitig auch als Oberarzt der Abteilung beschäftigt wird. Diese gilt es dann durch andere variable Vergütungsbestandteile zu kompensieren.