Der Oberarzt als ständiger ärztlicher Vertreter des Wahlarztes: Typische Fehler erkennen!
von Dr. Tilman Clausen, Fachanwalt für Arbeitsrecht und für Medizinrecht, armedis Rechtsanwälte Hannover, www.armedis.de
Die inzwischen rechtskräftig gewordene Entscheidung des Landgerichts (LG) Stuttgart vom 04.05.2016 hat in vielen Krankenhäusern für Unruhe gesorgt (Az. 13 S 123/15). Das Urteil besagt, dass Wahlleistungsvereinbarungen u. a. exakt den Wortlaut von § 17 Abs. 3 S. 1 Krankenhausentgeltgesetz wiedergeben müssen. Tun Sie das nicht – was häufig der Fall ist – sind Sie ungültig! Das Urteil betrifft viele Oberärzte, die anstelle des Chefarztes als dessen ständiger ärztlicher Vertreter Privatpatienten behandeln. Oberärzte sollten daher die Folgen der Entscheidung kennen.
Der ständige ärztliche Vertreter des Wahlarztes
Der ständige ärztliche Vertreter des Wahlarztes ist bei der Abrechnung wahlärztlicher Leistungen von erheblicher Bedeutung. Nach § 4 Abs. 2 S. 3 und 4 GOÄ können die dort genannten wahlärztlichen Leistungen – unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen – auch abgerechnet werden, wenn sie durch den ständigen ärztlichen Vertreter des Wahlarztes oder unter dessen Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht worden sind. Hierzu muss z. B. der Oberarzt als ständiger Vertreter in der Vereinbarung unbedingt benannt werden. Es muss dem Patienten also klar sein, wer ihn anstelle des Wahlarztes z. B. operiert – und zwar bevor er die Wahlleistungsvereinbarung unterschreibt (BGH-Urteil vom 20.12.2007, Az. III ZR 144/07).
Schriftform wahren
Für die Wahlleistungsvereinbarung gilt die Schriftform (§ 126 Abs. 2 S. 1 BGB). Dies bedeutet: Der Inhalt der Wahlleistungsvereinbarung muss schriftlich fixiert und anschließend vom Krankenhausträger und dem Privatpatienten unterschrieben werden. Die Tatsache, dass der ständige ärztliche Vertreter vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung benannt worden ist, muss der Wahlarzt nachweisen.
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Nur ein Vertreter pro Wahlarzt – aber Aufteilung der Zuständigkeit möglich
Häufig wird gefragt, wie viele ständige ärztliche Vertreter pro Wahlarzt zulässig sind. Nach der GOÄ (§ 4 Abs. 2 S. 3 und 4, § 5 Abs. 5) ist nur ein einziger ständiger Vertreter pro Wahlarzt zulässig – so auch der BGH im Urteil vom 20.12.2007. Zur Begründung wird auf den Gesetzeswortlaut verwiesen, wo von einem Vertreter gesprochen wird. Es dürfte aber auch zulässig sein, den Zuständigkeitsbereich des Wahlarztes unter mehreren ständigen Vertretern aufzuteilen, sodass jeder dieser Ärzte alleiniger ständiger ärztlicher Vertreter für einen Teil des Zuständigkeitsbereichs des Wahlarztes wird – dies hat z. B. das Oberlandesgericht Celle mit seinen Urteilen vom 15.06.2015 entschieden (Az. 1 U 97/14 und 1 U 98/14). Voraussetzung: Die Aufteilung ist transparent, d. h. der Patient muss bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung erkennen können, welcher ständige ärztliche Vertreter im Vertretungsfall für ihn zuständig ist. Für die Praxis bedeutet dies:
- Bei einem Chefarzt für Orthopädie ist es sicherlich möglich, seinen Zuständigkeitsbereich unter mehreren Oberärzten als ärztlichen Vertretern nach den Bereichen Hüft-, Knie-, Fuß- und Schulterchirurgie aufzuteilen.
- Zulässig ist es auch, den Zuständigkeitsbereich eines Chefarztes nach denjenigen Stationen aufzuteilen, die zu seiner Klinik gehören.
- Teilt ein Kardiologe hingegen seine ständigen Vertreter nach den Herzkatheter-Laboren I bis V auf, dürfte dies intransparent sein.
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Unterschrift allein reicht nicht immer
Der Krankenhausträger muss den Patienten über die Kosten und die Inhalte der Wahlleistungen unterrichten, bevor dieser den Wahlleistungsvertrag abschließt. Nach Auffassung des LG Stuttgart bedeutet dies: Der Inhalt der Unterrichtung wird schriftlich fixiert und anschließend von demjenigen Klinikmitarbeiter unterzeichnet, der informiert hat. Es reicht nicht aus, dass der Patient mit seiner Unterschrift nur den Erhalt dieses Formulars bestätigt!
DKG-Muster reicht aus
Die Frage, welchen Inhalt die Unterrichtung des Patienten über die Wahlleistungsentgelte im Einzelnen haben muss, ist vonseiten des BGH in mehreren Urteilen geklärt worden – z. B. in seinen Urteilen vom 27.11.2003 (Az. III ZR 37/02), 08.01.2004 (Az. III ZR 375/02), 22.07.2004 (Az. III ZR 355/03) und 04.11.2004 (Az. III ZR 201/04). In der Entscheidung vom 04.11.2004 hat sich der BGH mit dem Muster Patienteninformation der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) befasst und entschieden, dass dieses Formular ausreicht, um wirksam über die Entgelte der ärztlichen Wahlleistungen zu informieren.
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