Höhe des Bonusanspruchs in Oberarzt-Vertrag wird im Streitfall durch ein Gericht festgestellt

von Rechtsanwalt Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Behält sich der Arbeitgeber vertraglich vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach „billigem Ermessen“ zu entscheiden, können Gerichte diese Entscheidung in vollem Umfang prüfen – so das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 03.08.2016 (Az. 10 AZR 710/14). Die Entscheidung aus den Bankwesen ist auch für Verträge von Oberärzten relevant, wenn diese Bonus- oder Zielvereinbarungen enthalten.

Der Fall

Geklagt hatte der Banker einer Großbank. Laut Arbeitsvertrag hatte er einen Anspruch auf einen Bonus. Der Arbeitgeber behielt sich vor, über die Höhe der Bonuszahlung „nach billigem Ermessen“ zu entscheiden. Die genauen Voraussetzungen für eine Bonuszahlung wurden vertraglich nicht festgelegt. Für das Geschäftsjahr 2009 erhielt der Banker einen Bonus von 200.000 Euro, dieser reduzierte sich 2010 auf 9.920 Euro. Für 2011 erhielt er keinen Bonus, obwohl andere Mitarbeiter mindestens ein Viertel ihrer Vorjahresleistung erhielten.

Dagegen klagte der Banker und forderte Bonus für das Geschäftsjahr 2011, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte.

Die Entscheidung

Nach Ansicht des BAG hat der Bankangestellte einen Anspruch auf einen Bonus, der nach „billigem Ermessen“ durch das Gericht festzusetzen war. Für eine verbindliche Festsetzung der Bonuszahlung „auf Null“ fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten. In einem solchen Fall bestimme das Gericht gemäß § 315 Abs. 3 S. 2 BGB den Betrag.

Grundlage dafür sei der Sachvortrag der Parteien. Äußere sich der Arbeitgeber zu bestimmten Faktoren nicht, gehe dies nicht zulasten des Arbeitnehmers. Die Leistung sei durch das Gericht aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände (z. B. Höhe der Leistung in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahlen, Ergebnis einer Leistungsbeurteilung) festzusetzen. Eine gerichtliche Festsetzung scheide nur dann aus, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlen – was hier nicht in Rede stand. Den Fall selbst verwies das BAG an die Vorinstanz zurück, damit diese die Höhe der Bonuszahlung bestimmt.

FAZIT | Die Höhe einer Bonuszahlung kann gerichtlich nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB aufgrund der Leistungszahlen aus den Vorjahren bestimmt werden. Insoweit setzt dieses BAG-Urteil neue Maßstäbe für Chefarzt-Verträge sowie für Verträge von Oberärzten, die eine Ziel- oder Bonusvereinbarung beinhalten. Meist findet sich in diesen Vereinbarungen eine Regelung, wonach der Krankenhausträger den Bonus nach „billigem Ermessen“ festsetzt. Was „billig“ ist, kann in vollem Umfang gerichtlich überprüft werden. Dies stärkt die Position von Chef- und Oberärzten.