Stationsarzt erstellt Entlassungsbriefe wiederholt verspätet und muss deshalb gehen

Erstellt ein Stationsarzt wiederholt Entlassungsbriefe nicht oder verspätet und mahnt ihn die Klinik deshalb mehrfach ab, so ist die Klinik berechtigt, dem Arzt wegen dieses Verhaltens ordentlich zu kündigen. Der Arzt konnte das Gericht nicht davon überzeugen, diese Verspätungen hätten auf Arbeitsüberlastung und interner Fehlorganisiation der Klinik beruht. Der Arzt war letztlich nur insofern erfolgreich, als die Klinik ihm noch ausstehenden Lohn nachzahlen musste.

von Philip Christmann, Fachanwalt für Medizinrecht, Berlin/Heidelberg
www.christmann-law.de

Abmahnungen sind ein deutliches Alarmzeichen für einen angestellten Arzt. Sind Abmahnungen unberechtigt, muss der Arzt auf deren Entfernung aus der Personalakte hinwirken, da diese ansonsten die Grundlage für eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages bilden können. Sind die Abmahnungen dagegen berechtigt, sollte der Arzt das monierte Verhalten nach Kräften abstellen und diese Bemühungen nach Möglichkeit dokumentieren. Oder er sollte von sich aus nach einer anderen Beschäftigung suchen.

Hier hat der Arzt sich dagegen weiter umfänglich über die Situation mit der Klinik gestritten und das Arbeitsverhältnis fortgesetzt, was letztlich zu der – erwartbaren – Kündigung führte, gegen die er dann mit vielen Argumenten vorging. Diese Argumente hat das Gericht letztlich überwiegend als unbegründet zurück gewiesen.

[!] Vorgesetzten ist zu raten, zuerst das persönliche Gespräch mit dem unzufriedenen Arzt zu suchen, um einvernehmliche Lösungen zu erörtern. Dann aber sollte der Chefarzt konsequent seine weitere Kritik schriftlich formulieren, um spätere Beweisschwierigkeiten bezüglich der Abmahnungen zu umgehen. Im konkreten Fall wurde dies weitgehend beherzigt und so konnte die Klinik letztlich auch beweisen, dass sie den Arzt mehrfach abgemahnt hatte.

Praxistipp

Die Entscheidung zeigt, dass ein Arbeitsverhältnis „im Streitzustand“ nicht funktioniert. Einvernehmliche Lösungen sind zu suchen, sonst bleibt der Klinik – zum Schutze des Betriebsfriedens – kaum eine andere Wahl, als dem Arzt zu kündigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für den gekündigten Arzt regelmäßig schwer ist, betriebliche Missstände – wie etwa betriebliche Fehlorganisiation oder systembedingte Arbeitsüberlastung der Ärzte – zu beseitigen oder später auch in einem Rechtsstreit zu beweisen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. September 2019 – 6 Sa 350/18.