Recht

Urteil: Befristung im Arbeitsvertrag einer Ärztin kann unwirksam sein

von Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Fachanwalt für MedR, Wirtschaftsmediator, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Ist eine Ärztin mit Kenntnis des Arbeitgebers über mehr als einem Monat lang tätig, ist davon auszugehen, dass ein Arbeitsvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist. Dies entschied das Landesarbeitsgericht ( LAG) Köln (Urteil vom 5.8.2015, Az. 3 Sa 420/15). 

Klinikärztin unterzeichnete Arbeitsvertrag nach Beginn der Tätigkeit

Eine Neuropädiaterin war von 2009 bis 2012 in der Klinik eines Landschaftsverbands angestellt, aber bereits mit halbem Umfang an ein Uniklinikum abgestellt. Im Juni 2012 erhielt die Ärztin ein Schreiben, wonach sie ab dem 1. Oktober 2012 befristet für zwei Jahre vollzeitig beim Uniklinikum als Oberärztin eingestellt werde – vorbehaltlich der körperlichen Eignung und der Zustimmung des Personalrats. Zu einer Unterzeichnung des ausgefertigten Vertrags kam es bis zum Oktober nicht, da eine Terminvereinbarung mit der Personalabteilung trotz mehrerer Versuche scheiterte.

Erst Mitte November 2012 unterzeichnete die Ärztin einen bis zum 30. September 2014 befristeten Vertrag. Ungeachtet dessen war die Ärztin durchgängig für das Uniklinikum tätig. Mit ihrer Klage wollte die Ärztin festgestellt wissen, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2014 unwirksam sei und daher ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.

Die Entscheidung: Befristung des Arbeitsvertrags ist nichtig

Das LAG entschied wie schon die Vorinstanz zugunsten der Ärztin. Die Befristung sei wegen Verstoßes gegen das in § 14 Abs. 4 Teilzeitbefristungsgesetz in Verbindung mit § 125 BGB verankerte Schriftformerfordernis unwirksam. Werde eine Befristung vor Tätigkeitsbeginn nur mündlich abgestimmt, aber erst nach Tätigkeitsbeginn im Arbeitsvertrag fixiert, sei dieser Passus regelmäßig nichtig. Der Grund: Das Schreiben aus dem Juni 2012 sei nur eine Absichtserklärung, mit der verdeutlicht werden sollte, dass die Ärztin vorbehaltlich eines nachfolgenden Vertragsschlusses angestellt werde.

Gleichwohl sei ab Oktober ein Arbeitsverhältnis durch „schlüssiges Verhalten“ begründet worden. Die Ärztin sei beim Uniklinikum mit dessen Kenntnis und mit dessen Duldung tätig geworden. Es sei nicht ersichtlich, dass das Uniklinikum die vertragliche Bindung unter den zwingenden Vorbehalt eines schriftlichen Arbeitsvertrags stellen wollte, so das Gericht.

FAZIT | Arbeitsverträge können wirksam geschlossen werden, selbst ohne dass die erforderliche Schriftform eingehalten wird. Gleichwohl ist vor der gerade bei niedergelassenen Ärzten verbreiteten Praxis zu warnen, Mitarbeiter ohne schriftlichen Vertrag zu beschäftigen. Denn im Streitfall bereitet dies große Probleme.