Recht

Verdacht auf Behandlungsfehler: Was können Patienten tun?

Patientinnen und Patienten haben Anspruch auf eine medizinische Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard. Die Behandlung muss angemessen, sorgfältig, richtig und zeitgerecht sein. Ist das nicht der Fall, sprechen Mediziner und Juristen von einem Behandlungsfehler. Anspruch auf Schadensersatz besteht, wenn der Fehler Ursache des Schadens war. Aufgabe des Medizinischen Dienstes ist es, dies in Sachverständigengutachten zu klären.

Ein Beispiel: Ein 9-jähriges Mädchen stürzt auf den Arm. In der Notaufnahme im Krankenhaus wird das Handgelenk geröntgt, aber nicht der Unterarm. Der Unterarmbruch wird zunächst übersehen und muss deshalb später operiert werden. Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes vollziehen solche Fälle Schritt für Schritt nach und bewerten dann, was falsch gelaufen ist und ob der Behandlungsfehlerverdacht bestätigt werden kann.

[!] Im Jahr 2021 haben die Medizinischen Dienste bundesweit 13.050 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt. Dabei ging es um medizinische und zahnmedizinische Behandlungen sowie um Leistungen der Kranken- und Altenpflege. In ungefähr jedem vierten Fall bestätigen die Gutachterinnen und Gutachter, dass ein Fehler mit Schaden vorlag. In jedem fünften Fall war der Fehler auch Ursache für den erlittenen Schaden. Nur wenn die Kausalität bestätigt wird, haben Betroffene Chancen auf Schadensersatz.

So läuft die Behandlungsfehlerbegutachtung ab

Was können Patientinnen und Patienten oder Angehörige tun, wenn sie einen Behandlungsfehler-Verdacht haben? Erste Anlaufstelle für gesetzlich Versicherte ist die Krankenkasse. Nach dem Patientenrechtegesetz ist sie verpflichtet, die Versicherten bei der Aufklärung eines Behandlungsfehlerverdachts zu unterstützen. Die zuständige Krankenkasse kann den Medizinischen Dienst beauftragen, ein fachärztliches Gutachten zu erstellen. Dieses ist für Patientinnen und Patienten kostenfrei.

Im nächsten Schritt ist es notwendig, dass der Betroffene seine Ärzte von der Schweigepflicht entbindet, damit die Krankenkasse Dokumente und Informationen anfordern kann. Der Medizinische Dienst braucht für das Sachverständigengutachten sämtliche Behandlungsunterlagen. Außerdem sollte der Versicherte ein Gedächtnisprotokoll anfertigen: Was ist wann, wo und wie geschehen?

Danach rekonstruieren die Gutachterinnen und Gutachter das Behandlungsgeschehen. Der Behandlungsverlauf wird mit den fachlichen Standards verglichen, um beurteilen zu können, ob die Patientin oder der Patient dem Stand des medizinischen Wissens entsprechend behandelt worden ist. Das Gutachten erhalten Versicherte direkt vom Medizinischen Dienst. Das Begutachtungsergebnis schafft Klarheit darüber, was geschehen ist: ob tatsächlich ein Behandlungsfehler die Ursache für den erlittenen Schaden war oder nicht. Für viele Betroffene ist dies ein ganz wichtiger Moment, um das Geschehene verarbeiten zu können. Sollte sich bestätigen, dass ein Behandlungsfehler vorlag, können sich die Versicherten mit ihrer Krankenkasse zum weiteren Vorgehen beraten und ggf. Schadensersatzansprüche geltend machen.

Pressekonferenz des Medizinischen Dienstes, Berlin, 30.06.2022