RechtSonstiges

Vorsicht bei Patientenfotos etc. im Vortrag, bei Publikationen oder auf der Klinikhomepage

von RAin, FAin für MedR Rosemarie Sailer, LL.M., Wienke & Becker – Köln, www.kanzlei-wbk.de

Bei medizinisch-wissenschaftlichen Vorträgen, ärztlichen Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen, in Fachzeitschriften und in der medizinischen Forschung werden regelmäßig Abbildungen von Patienten zur Veranschaulichung von Krankheitsbildern, Behandlungsverfahren oder intraoperativen Situationen verwendet. Dabei sollte man sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die Rechte der abgebildeten Persönlichkeiten und derjenigen, die die Abbildungen (Fotos, Röntgenbilder etc.) hergestellt haben, nicht verletzt werden dürfen. OH erläutert, was Sie beachten müssen.

Urheberrecht des Arztes

Der Arzt, der Aufnahmen vom Körper oder Körperteilen eines Patienten macht, gilt rechtlich betrachtet als Urheber sogenannter Lichtbilder und erwirbt damit umfassende Nutzungs- und Verfügungsrechte. Diese umfassen insbesondere auch die Nutzung, d. h. vor allem die Vervielfältigung sowie Veröffentlichung dieser Aufnahmen. Geregelt ist dies im Einzelnen im Urheberrechtsgesetz (UrhG).

Das bedeutet aber nicht, dass solche selbst hergestellten Bilder beliebig verwendet werden dürfen: Eingeschränkt werden die Rechte des Urhebers durch das Recht am eigenen Bild der abgebildeten Person. Eine Veröffentlichung bzw. Verwendung der Patientenfotos ist demnach nur dann zulässig, wenn die Rechte des jeweiligen Patienten nicht verletzt werden. Das Recht am eigenen Bild geht zurück auf das vom Grundgesetz geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und findet seine gesetzliche Ausprägung in § 22 des Kunsturhebergesetzes (KunstUrhG). Diese Regelung schreibt vor, dass Bildnisse lediglich mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen.

Einwilligung des Patienten nicht immer erforderlich

Grundsätzlich muss also die Einwilligung des Patienten vorliegen, wenn ein Foto von ihm – sei es im Rahmen eines Vortrags vor Fachkreisen, der Werbung auf der Klinikhomepage oder in sonstiger Weise – veröffentlicht werden soll. Dies gilt jedoch nicht in jedem Fall: Die Rechtsprechung sieht ein schutzwürdiges Interesse des Abgebildeten nur, wenn er in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergegeben wird. Ist also der Patient auf dem Foto nicht erkennbar und auch sein Name nicht veröffentlicht, besteht keine Verpflichtung, seine Einwilligung einzuholen. In Fällen, in denen intraoperativ Bilder von Gewebe, Knochen oder Organen gemacht werden, ist daher keine Einwilligung des Patienten erforderlich, wenn diese Bilder anonym veröffentlicht werden.

Vorsicht bei Erkennbarkeit des Patienten

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Fotos vom äußeren Erscheinungsbild des Patienten gemacht werden (z. B. bei Erkrankungen oder Behandlungsverfahren, bei denen die Gesichtszüge des Patienten erkennbar sind). Selbst wenn Teile des Gesichts (z. B. durch Balken oder Verpixeln) unkenntlich gemacht werden, sollte bei solchen Bildern stets die schriftliche Einwilligung des Patienten eingeholt werden.

Denn hier ist die Rechtsprechung streng: Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf genügt es, dass die Erkennbarkeit für einen mehr oder weniger großen Bekanntenkreis besteht (Urteil vom 09.02.2010, Az. I-20 U 151/09). Zudem kann sich die Erkennbarkeit nach einem Beschluss des OLG Zweibrücken auch aus sonstigen Merkmalen des Bildes, dem beigefügten Text oder dem Zusammenhang mit früheren Veröffentlichungen ergeben (Beschluss vom 07.06.2010, Az. 4 W 53/10).

MERKE | Bei Fotos, auf denen eine Person vollständig bzw. das Gesicht abgebildet ist, ist die Einwilligung des Patienten erforderlich. Gleiches gilt für Fälle, in denen aufgrund besonderer körperlicher Merkmale, wie etwa auffälliger Narben, Amputationen, Pigmentierungen, Tätowierungen etc. Rückschlüsse auf die Person des Abgebildeten möglich sind. Auch bei Röntgenbildern kann es in Einzelfällen möglich sein, aufgrund spezifischer anatomischer Besonderheiten Rückschlüsse auf die Person des Patienten zu ziehen. In aller Regel wird eine Erkennbarkeit hier aber nicht zu befürchten sein.

Datenschutzrechtliche Legitimation

§ 28 Abs. 8 i. V. mit Abs. 6 Nr. 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erlaubt eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Gesundheitsdaten, zu denen Röntgenbilder und Patientenfotos zählen, auch ohne Einwilligung des Patienten. Voraussetzung ist, dass dies zur Durchführung wissenschaftlicher Forschung erforderlich ist und das wissenschaftliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens das Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung überwiegt. Hieraus kann sich also in Einzelfällen die Berechtigung ergeben, Bilder auch ohne eine ausdrückliche Einwilligung des Patienten für die wissenschaftliche Forschung zu verwenden. Das wäre allerdings im Einzelnen von dem Arzt zu beweisen. Für die bloße Veranschaulichung oder Werbung gilt dies in jedem Fall nicht.

Rechtliche Konsequenzen einer unzulässigen Veröffentlichung

In Zweifelsfällen gilt: Holen Sie besser die Einwilligung des Patienten ein. Bei einer nicht autorisierten Veröffentlichung können trotz fehlender Erkennbarkeit des Patienten eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht und damit eine Strafbarkeit sowie des Weiteren berufsrechtliche Konsequenzen für den Arzt im Raum stehen. Dem Patienten können Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche zustehen. Außerdem kann er die Löschung der veröffentlichten Bilder auf Kosten des Veranlassers verlangen.

PRAXISHINWEIS | Da der Arzt die Beweislast dafür trägt, dass er zur Veröffentlichung der Fotos berechtigt ist, sollte er immer, wenn eine Erkennbarkeit des Patienten nicht ganz auszuschließen ist, dessen Einwilligung einholen. Dies sollte aus Nachweisgründen am besten schriftlich erfolgen. Von einer Einwilligungsklausel in Allgemeinen Geschäfts- oder Krankenhausaufnahmebedingungen ist dagegen abzuraten. Zwar gibt es hierzu noch keine einheitliche Rechtsprechung, jedoch dürfte eine solche Klausel für die meisten Patienten überraschend und damit unwirksam sein.

Die schriftliche Einwilligung des Patienten muss keine besondere Form haben. Sie muss allerdings Hinweise darüber enthalten,

  • auf welche Art von Bildern oder Abbildungen sich die Einwilligung zur Veröffentlichung bezieht,
  • in welchen Medien die Publikation erfolgen soll und
  • dass ein jederzeitiger Widerruf der erteilten Einwilligung möglich ist.

Wer ist der Inhaber von Urheber- und Nutzungsrechten?

Ungeachtet der Frage, ob mit der Veröffentlichung möglicherweise das Recht des Patienten am eigenen Bild verletzt wird, ist im Vorfeld immer zu prüfen, wem das Urheberrecht und etwaige Nutzungsrechte an den Bildern zustehen. Denn in den seltensten Fällen wird der Arzt das Röntgenbild tatsächlich selbst angefertigt haben und auch bei intraoperativen Aufnahmen führt häufig ein Assistent den Kameratrokar. Urheber im Rechtssinn ist aber immer derjenige, der auf den Auslöser drückt bzw. die wesentlichen Parameter (Lage, Einstellung, Ausschnitt etc.) vorgibt – bei Röntgenbildern in aller Regel eine Medizinisch-technische Radiologieassistentin (MTRA).

Das Urheberrecht ist nicht übertragbar, jedoch werden die Nutzungs- und Verwertungsrechte an den entstandenen Bildern stillschweigend auf den Arbeitgeber übertragen, also das Krankenhaus. Will ein Arzt diese Bilder nutzen oder veröffentlichen, muss er sich diesbezügliche Nutzungsrechte erst einräumen lassen. Eine Ausnahme gilt, wenn die Bilder im Rahmen einer wahlärztlichen Leistung oder Privatambulanz oder in der eigenen Praxis eines niedergelassenen Arztes entstehen, da die Nutzungsrechte dem betreffenden Arzt dann unmittelbar zustehen.

FAZIT | Bei der Veröffentlichung von Patientenfotos oder Röntgenbildern gilt folgende Regel: Zum einen ist zu prüfen, ob und inwieweit eine Legitimation zur Veröffentlichung erforderlich ist. Dies gilt in Bezug auf Urheber- und Nutzungsrechte, da diese häufig der jeweiligen klinischen Einrichtung zustehen, in der die (Röntgen-)Bilder erstellt worden sind und der Arzt angestellt ist. Zum anderen ist in Bezug auf schutzwürdige Rechte des Patienten zu prüfen, ob und inwieweit durch die Veröffentlichung der Abbildungen Rückschlüsse auf die Person des Patienten möglich sind. Ist dies der Fall oder bei Zweifeln, ist eine schriftliche Einwilligung des Patienten einzuholen. Häufig wird es sich aber um (intraoperative oder radiologische) Bilder von einzelnen Organen, Körperteilen oder Knochen handeln, sodass – die erforderliche Anonymisierung vorausgesetzt – keinerlei Hinweise auf die Identität des Patienten gegeben werden. In diesem Fall können die Bilder ohne Information und Einwilligung des Patienten verwendet sowie veröffentlicht werden.