Wie entstehen Konflikte und welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?

von Cornelia Harms-Schulze, CHS Personaltraining & -beratung, Bremen, www.chs-bremen.de

In diesem Beitrag wird anhand von Beispielen aufgezeigt, wie leitende Oberärzte ein erfolgreiches Konfliktmanagement betreiben können.

Der falsche Weg: Mitarbeiter gegeneinander ausspielen

Wenn Mitarbeiter sich den Anweisungen des Vorgesetzten – in diesem Fall des Oberarztes – widersetzen, dann ist die Versuchung groß, sie gegeneinander auszuspielen oder den Druck zu verstärken. Sie rufen jeden Einzelnen zu sich und sichern ihm Privilegien zu, wenn er sich auf Ihre Seite schlägt. Sie halten Informationen zurück oder lassen sie nur bestimmten Mitarbeitern zukommen. Sie bilden sich ein, damit Vertrauen zu schaffen. Oberflächlich gesehen klappt das manchmal sogar, doch fördert dieses Verhalten nicht Ihre Anerkennung als Mensch und Führungskraft – im Gegenteil.

Klar ist: Unser Wollen stößt häufig auf Widerstand und daraus ergeben sich Auseinandersetzungen, die unterschiedlich ausgehen. Mal sind wir Sieger, mal Verlierer und manchmal finden wir einen Kompromiss. Doch Ihr Alltag als Führungskraft ist natürlich in dieser Feststellung nicht gänzlich beschrieben, denn schon Konfliktgespräche fordern von uns ein Konfliktmanagement, das im Mitarbeiter das Anstoßen eines lösungsorientierten Lernprozesses und eventuell das Öffnen und die Identifikation für neue Ziele initiiert.

So benötigen Führungskräfte als wichtigste Voraussetzung für das Führen von Konfliktgesprächen eine gesunde Portion Selbstkritik und die Fähigkeit, ein aufrichtiges Feedback anderer zu tolerieren, um die eigene Wahrnehmung überprüfen zu können.

Wie entstehen Konflikte?

Ein Mensch übernimmt eine neue Aufgabe. Er ist bemüht, alles sehr gut zu machen. Er weiß auch schon, wie es gehen soll, und hat dementsprechende Energie. Er bringt neue Ideen mit und möchte sie lieber heute als morgen umsetzen. Doch auf wen trifft diese neue Führungskraft? Meistens auf Menschen, die verunsichert sind, was auf sie zukommt.

Die einen wünschen sich, dass alles so bleibt wie es ist, besonders ihr eigenes Arbeitsgebiet betreffend. Die Ankündigung von Veränderungen bringt schnell Verlustängste hervor. Sie haben sich mit der vorherigen Führungskraft gut verstanden; für sie ist es auch ein Verlust, dessen Verarbeitung Zeit braucht. Das lassen sie die neue Führungskraft spüren, sie sind erst einmal im Widerstand. Die anderen hoffen, dass nun alles anders wird, und bekunden dem neuen Chef schnell ihre Loyalität.

Mindestens drei Bedürfnislagen prallen aufeinander – die des leitenden Oberarztes und die der unterschiedlichen Mitarbeiter. Niemand fühlt sich richtig „mitgenommen“. Es gab keine Gelegenheit, die eigenen Bedürfnisse klar zu äußern und einen kommunikativen Austausch stattfinden zu lassen. Widerstand wurde damit produziert.

Die Mitarbeiter hatten wahrscheinlich das Gefühl, dass ihnen etwas „aufgeschwatzt“ werden sollte. Eine gemeinsame Entwicklung gab es nicht. Die wäre eingeleitet worden, wenn Workshops und Einzelgespräche stattgefunden hätten, in denen es darum gegangen wäre, was jeder Einzelne und das ganze Team zur Weiterentwicklung braucht, um dann auch die Vorstellungen des leitenden Oberarztes zur Kundenorientierung zu implementieren.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie einen Konflikt lösen wollen?

Doch jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen. Dabei wollen Sie es aber nicht bewenden lassen. Nehmen wir an, Sie planen als erstes Einzelgespräche zur Konfliktlösung und zur Einleitung einer neuen Verständigung. Wie sollten Sie vorgehen, was ist zu beachten? Bei der Aufarbeitung von Konflikten muss zwischen Sachkonflikten und emotionalen Konflikten unterschieden werden, weil der sachliche Aspekt häufig nicht allein durch Kommunizieren gelöst werden kann. Die meisten emotionalen Konflikte sind aus einem Sach- oder Zielkonflikt entstanden!

  • Konfliktlösungsschema
Vorbereitung
Die Führungskraft bereitet sich auf das Gespräch vor, indem sie sich fragt:

  • Welche Erwartungen/Ziele hatte ich, welche hatte der Konfliktpartner?
  • Welche Gefühle begleiten mich?
  • Welche Gefühle begleiten möglicherweise den anderen?
  • Wo sind Gemeinsamkeiten?
  • Was befürchte ich im Gespräch?
  • Wie will ich damit umgehen?
  • Welche Lösung hätte ich gerne?
  • Welche Zugeständnisse will ich machen?
Objektivierung
Die Objektivierung des Konflikts ist nötig, denn sie versucht, den emotionalen Konflikt auf den ursprünglich sachlichen Kern zurückzuführen. Konkret heißt das im Konfliktgespräch:

  • Raum geben für die Sicht und den Ärger des Gesprächspartners
  • Argumente und Erwartungen zulassen
  • Nur Fragen stellen zum besseren Verständnis
  • Die Sicht des anderen akzeptieren
  • Die eigene Sicht vortragen
Lösungen sammeln
Lösungsalternativen gemeinsam sammeln, nicht bewerten
Alternativen prüfen
Lösungsalternativen auf ihre Umsetzbarkeit prüfen:

  • Welche Folgen ergeben sich auf dem gewünschten Weg?
  • Welche Reaktionen haben wir zu erwarten, wenn wir diesen Weg gehen?
Vereinbarungen finden
Verbindliche Umsetzungsschritte planen, Verantwortlichkeiten übernehmen und übergeben, Zeitfenster festlegen

 

Während der Objektivierung ist es notwendig, auf beide Ebenen einzugehen und sie deutlich anzusprechen. Es muss herausgearbeitet werden, ob es um die Unvereinbarkeit von Zielen der Konfliktpartner geht, die möglicherweise nur durch einen Kompromiss geregelt werden können, oder ob das Verhalten des Vorgesetzten von den Mitarbeitern z. B. als fehlende Wertschätzung interpretiert worden ist. Hier gilt es, sich die unterschiedlichen Wirklichkeiten zu „übersetzen“, um darüber eine Annäherung herzustellen.

Machen Sie sich die Unterschiede von Ich- und Du-Botschaften bewusst!

Es ist hilfreich für die Durchführung von Konfliktgesprächen, sich die Unterschiede von Ich- und Du-Botschaften bewusst zu machen. Sie können das Verständnis des Gesprächspartners wecken oder ihn unbewusst und ungewollt mit der Verantwortung für Ihre Gefühle belasten – was wiederum zur Abwehr und damit nicht zur Lösung beiträgt.

Prinzipiell kann man sagen, dass bei der Formulierung von Kritik die Ich-Botschaften eher unterstützend für das Annehmen der Kritik sind, weil sie das Gefühl ausdrücken und gleichzeitig den Grund nennen, warum das Gespräch jetzt geführt wird. Nicht der Vorwurf ist wichtig, sondern das Deutlichmachen der Konsequenzen für das eigene Erleben. Du-Botschaften dagegen formulieren eher Vorwürfe.

  • Beispiel
Ich-Botschaft
Du-Botschaft
1 Ich bin enttäuscht, dass der Termin nicht eingehalten worden ist, weil mich das mit dem gesamten nachfolgenden Tagesablauf in Schwierigkeiten bringt. Sie haben den Termin nicht eingehalten.
2 Ich bin ärgerlich, dass Sie Ihre Aufgaben nicht erledigt haben. So ist es für mich schwierig, weiterzuarbeiten. Sie haben schon wieder Ihre Aufgaben nicht erledigt.
3 Ich bin enttäuscht, dass wir hier jetzt nicht weiterkommen. Mit Ihnen kann man kein vernünftiges Gespräch führen.
4 Es behindert mich, wenn ich nicht ausreden darf und ich Ihnen wichtige Informationen nicht geben kann. Unterbrechen Sie mich nicht ständig.
5 Es ärgert mich, wenn Sie Verabredungen nicht einhalten, weil …. Sie haben sich schon wieder nicht an unsere Verabredungen gehalten.

 

Konzentriert man sich also auf die Beschreibung des eigenen Erlebens und nicht auf die Interpretation bzw. Bewertung des Handelns des Gesprächspartners (Vorwurf), so ist die Chance größer, ins Gespräch zu kommen. Im umgekehrten Fall leiten Sie das Abwehren bzw. die Verteidigung des Vorwurfs selbst ein.