Alkoholkrank: Kann der Oberarzt die Approbation verlieren?
von Rainer Hellweg, Facharzt für Medizinrecht, armedis Rechtsanwälte, Hannover, www.armedis.de
Ein Oberarzt der Abteilung für Innere Medizin ist dem Alkohol verfallen. Bislang konnte er dies weitgehend „vertuschen“. Während einer von ihm vorgenommenen Gastroskopie kommt es dann aber zu einem Haftungsfall: Der Oberarzt hatte bei einem Patienten die Wand des Verdauungstrakts perforiert, weil er betrunken arbeitete – und das zum wiederholten Mal. Ist die Approbation des Oberarztes in Gefahr?
Welche Sanktion kann die Approbationsbehörde verhängen?
Die Approbation des Oberarztes ist gefährdet. Folgende Sanktionsmöglichkeiten stehen der Approbationsbehörde grundsätzlich zur Verfügung:
- Das schärfste Schwert ist die Rücknahme der Approbation. Dies bedeutet: Sogar für die Vergangenheit wird die Approbation entzogen.
- Ein milderes Mittel ist der Widerruf der Approbation. Im Gegensatz zur Rücknahme wirkt ein Widerruf nur für die Zukunft.
- Die Behörde kann ein Ruhen der Approbation aussprechen. Dies bedeutet ein vollständiges, aber nur vorübergehendes Berufsausübungsverbot.
War der Oberarzt unwürdig oder unzuverlässig?
Der in der Praxis bedeutsamste Grund für solche Sanktionsmaßnahmen ist – neben gesundheitlichen Hindernissen – die Feststellung, dass der Arzt „unwürdig“ oder „unzuverlässig“ ist. Juristisch müssen dabei immer die konkreten Umstände des Einzelfalls bewertet werden.
„Unwürdig“ ist ein Arzt, wenn er sich so verhalten hat, dass das typischerweise an den Arztberuf geknüpfte Ansehen sowie Vertrauen der Patienten nicht mehr gegeben ist. Beispiele: Schwerwiegende Straftaten wie Mord und Totschlag, Vermögensdelikte und mehrfache vorsätzliche Körperverletzung.
Hingegen bezieht sich die „Unzuverlässigkeit“ auf eine Zukunftsprognose, wonach der Charakter des Arztes keine Gewähr mehr für eine ordnungsgemäße Ausübung der Heilkunde bietet. Anknüpfungspunkte können z. B. Alkoholsucht oder mehrfach begangene Behandlungsfehler sein.
Und im konkreten Fall?
Die Alkoholsucht des Oberarztes und der von ihm begangene Behandlungsfehler könnten eine „Unzuverlässigkeit“ begründen. Wenn es sich um einen erstmaligen Verstoß handelt, kommt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wohl nur die geringste Sanktionsmaßnahme in Betracht: das Ruhen der Approbation. Bei wiederholten Verstößen mit konkreter Schädigung für Patienten könnte die Approbation widerrufen oder zurückgenommen werden. Da der Oberarzt „wiederholt“ betrunken gearbeitet hat, kann die Behörde je nach weiteren Umständen eine dieser Maßnahmen verhängen.