Benzodiazepine: Es muss nicht jedesmal neu ausführlich aufgeklärt werden

Das OLG Dresden entschied, dass es bei der Behandlung mit Benzodiazepinen keiner gesonderten Aufklärung über das Suchtpotential dieser Arzneimittelgruppe bedarf, wenn die Patientin über medizinische Vorkenntnisse verfügt und bereits im Rahmen einer vergleichbaren oder identischen Therapie umfassend aufgeklärt wurde.

Die Klägerin, eine ausgebildete Krankenschwester, befand sich nach einem Suizidversuch im Januar 2009 in der psychiatrischen Klinik der Beklagten und wurde dort mit Benzodiazepinen behandelt. Im Zusammenhang mit dieser Behandlung rügte sie Behandlungs- und Aufklärungsfehler. Insbesondere sei sie infolge der nicht indizierten, fehlerhaften Behandlung mit Benzodiazepinen von diesen abhängig geworden.

Das OLG Dresden führte zunächst aus, dass die Verabreichung des Benzodiazepins Lorazepam dem fachärztlichen Standard entsprochen hat und ein Behandlungsfehler somit ausgeschlossen ist.

Auch bestand kein Verstoß gegen die Pflicht, über die Risiken der Behandlung mit Benzodiazepinen und insbesondere über deren Suchtpotential aufzuklären. Denn die Klägerin verfügte als Krankenschwester über hinreichendes eigenes medizinisches Vorwissen, zudem wurde sie bereits bei vorherigen stationären Behandlungen über das Risiko einer ähnlichen oder identischen Medikation umfassend aufgeklärt. Vor diesem Hintergrund ist von einer Kenntnis der Klägerin von den Risiken der Einnahme von Benzodiazepinen auszugehen, so dass eine weitere Risikoaufklärung nicht erforderlich war, so die Richter.

Gegen eine durch die Behandlung verursachte Abhängigkeit sprachen die vom Gutachter festgestellten vorherigen Behandlungen mit Benzodiazepinen. Es war daher von einer Abhängigkeit bereits vor der strittigen Behandlung auszugehen.

OLG Dresden, Beschluss vom 7.6.2018 – Az. 4 U 307/18