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Persönliche Leistungserbringung bei ermächtigten Klinikärzten: Gericht stellt Grundsätze auf

von Dr. Kyrill Makoski, Fachanwalt für Medizinrecht, Möller und Partner, Düsseldorf, www.moellerpartner.de

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat sich mit Urteil vom 16. Oktober 2015 mit der Frage der persönlichen Leistungserbringung bei ermächtigten Ärzten beschäftigt (Az. L 24 KA 24/11). Die dort aufgestellten Grundsätze sollten von allen ermächtigten Klinikärzten beachtet werden. 

Der Fall

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hatte Honorarbescheide zugunsten eines ermächtigten Klinikarztes für Nuklearmedizin aus den Jahren 1995 und 1996 in Höhe von 160.000 Euro aufgehoben. Der Chefarzt hatte laut Aussage seiner Mitarbeiter und auch laut eigener Einlassung nur die Chefarzt-Sprechstunde selbst durchgeführt; die szintigrafischen Untersuchungen wurden nicht von ihm, sondern von den nachgeordneten Ärzten erbracht. Der Chefarzt hatte zudem zugegeben, dass verschiedene Befunde von Mitarbeitern diktiert wurden; er habe diese dann jedoch persönlich eingehend überprüft.

Ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren gegen den Arzt wurde eingestellt. Nunmehr klagte dieser auf Auszahlung des einbehaltenen Betrags, da die KV nur die in den Sprechstunden erbrachten Leistungen vergütet hatte, aber nicht die Untersuchungen.

Das Urteil

Die Klage hatte weder vor dem Sozialgericht noch vor dem Landessozialgericht Erfolg. Das Landessozialgericht stellte fest, dass in diesem besonderen Fall die Wirkung der Sammelerklärung des ermächtigten Arztes aufgehoben worden ist. Der Arzt garantiert mit der Sammelerklärung, dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Behandlungsausweisen zutreffend sind (siehe BSG, Urteil vom 17.9.1997 – Az. 6 RKa 86/95). Allerdings entfällt die Garantiefunktion dann, wenn sich diese Erklärung wegen abgerechneter, aber nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen als falsch erweist. Dabei reicht bereits eine teilweise unrichtige Angabe aus.

Der Chefarzt hatte in der Sammelerklärung ausdrücklich unterschrieben, dass er die abgerechneten Leistungen persönlich oder durch seinen Vertreter erbracht habe und ihm die Anforderungen an die persönliche Leistungserbringung bekannt seien. Diese Erklärung war falsch. Denn auch und gerade der ermächtigte Arzt ist verpflichtet, die im Ermächtigungsbeschluss bestimmte vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben (§ 32a S. 1 Ärzte-ZV). Der ermächtigte Arzt kann sich nur im bestimmten Umfang vertreten lassen, wobei die in § 32a S. 2 Ärzte-ZV genannten Vertretungsfälle (Urlaub, Krankheit, Fortbildung) abschließend sind. Eine darüber hinausgehende Vertretungsmöglichkeit besteht nicht. Eine Vertretung setzt voraus, dass der Arzt nicht im Krankenhaus anwesend ist. Abgesehen davon darf der Vertreter nicht nur bestimmte Tätigkeiten übernehmen, sondern er vertritt den Arzt in vollem Umfang.

Außerhalb der Vertretungsfälle muss der ermächtigte Arzt sämtliche Leistungen selbst erbringen und darf diese nicht auf nachgeordnete Ärzte delegieren; dies betrifft z. B. auch die Ausstellung von Rezepten (siehe hierzu auch das BSG-Urteil vom 20.3.2013 – Az. B 6 KA 17/12 R). Eine Delegation ist ausdrücklich nur für nichtärztliche Leistungen in dem Umfang zulässig, wie dies in der Anlage 24 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte geregelt ist.

Der Chefarzt hatte hier systematisch und regelmäßig ärztliche Leistungen an nachgeordnete Ärzte übertragen. Es reichte nicht aus, dass er seine Tätigkeit auf die „Schilddrüsensprechstunde und die Erbringung schwieriger Leistungen“ beschränkt hatte. Er durfte dann nur die Leistungen abrechnen, die er tatsächlich selbst erbracht hat. Die sonstigen Leistungen, vor allem die teuren Untersuchungen, waren nicht abrechenbar – und hätten damit auch gar nicht erst erbracht werden dürfen.

Des Weiteren betonten die Richter des Landessozialgerichts, dass der Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten durch den Chefarzt auch grob fahrlässig gewesen ist. Denn schon aufgrund der Ermächtigungsbeschlüsse hätte dem Arzt klar sein müssen, dass er die Leistungen persönlich erbringen musste. Angesichts des systematischen Handelns kann auch nicht von einem einmaligen Versehen die Rede sein. Eine möglicherweise bestehende oder geduldete Praxis reicht ebenfalls nicht aus, um das Vorgehen des Chefarztes zu rechtfertigen.

Wie sichern ermächtigte Ärzte ihren Honoraranspruch?

Ermächtigte Oberärzte müssen darauf achten, dass sie die Tätigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Ermächtigung anders organisieren als die des regulären Klinikbetriebs. Tätigkeiten, die von der Ermächtigung umfasst sind, müssen von ihnen persönlich erbracht werden. Es ist nicht zulässig, ärztliche Mitarbeiter einzubeziehen. In einem solchen Falle geht der Anspruch auf das ärztliche Honorar verloren.

PRAXISHINWEIS | Grundsätzlich sind Ermächtigungsleistungen persönlich zu erbringen. Ausnahmen von dieser Pflicht bestehen dann, wenn Leistungen auf nichtärztliches Personal delegiert werden dürfen. Insoweit ist auf die Auflistung in der Anlage 24 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) zu verweisen. Die dort genannten Tätigkeiten dürften auch auf ärztliche Mitarbeiter übertragen werden, da dies hier keinen Unterschied zur nichtärztlichen Tätigkeit darstellt. Voraussetzung ist jedoch wie immer, dass die Leistungen überhaupt auch von Ärzten erbracht werden dürfen, was z. B. bei der technischen Durchführung radiologischer Untersuchungen nicht der Fall ist.