Recht

Vertretungstätigkeit in Vertragsarztpraxis ist sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

Eine in einem Krankenhaus angestellte Oberärztin übernahm nach Absprache im Einzelfall die Vertretung des Arztes einer gastroenterologischen BAG wegen Urlaubs oder Krankheit. Gegen eine Vergütung je Einsatzstunde führte sie unter anderem endoskopische Untersuchungen durch, schrieb Befundberichte und gab Therapieempfehlungen. Es entbrannte ein Streit um die Einordnung der Vertretungstätigkeit als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.

Nach Ansicht des Bundessozialgerichts handelte es sich bei der Vertretung um eine abhängige Beschäftigung. Die Ärztin war insbesondere hinsichtlich der Zuweisung bestimmter behandelter Personen weisungsgebunden. Aufgrund des arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit dem Praxispersonal und der kostenfreien Nutzung der Einrichtungen und Mittel der BAG war sie in deren Arbeitsabläufe eingegliedert. Das ausschließliche Tätigwerden in einer Vertretungssituation änderte daran nichts.

Der Eingliederung in einen fremden „Arztbetrieb“ könne zwar entgegenstehen, dass ein Arztvertreter für die Dauer der Tätigkeit die Stelle des Praxisinhabers einnimmt und zeitweilig selbst dessen Arbeitgeberfunktionen erfüllt. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen, so der Senat. Die Vertreterin habe lediglich ärztliche Leistungen übernommen, aber keine Vertretung in der Rechtsstellung der Mitglieder der BAG geleistet. Ob mit der gewählten Ausgestaltung der ärztlichen Vertretung berufszulassungsrechtlichen Anforderungen Genüge getan wird, sei für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit als Beschäftigung unerheblich.

Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R (zum Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht)