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110.000 Versicherte wegen cannabisbedingter psychischer Störungen in Behandlung (2021)

2021 ist in Deutschland bei insgesamt 108.313 gesetzlich Versicherten im Alter von 10 bis 54 Jahren eine psychische Störung bzw. Verhaltensstörung durch Cannabinoide dokumentiert worden. Bezogen auf den Bevölkerungsanteil aller Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in diesem Alterssegment (37.530.512) entspricht das einer bundesweiten Diagnoseprävalenz von 29 Fällen je 10.000 GKV-Versicherte. Dabei zeigen sich zwischen Jugendlichen und Erwachsenen deutliche Unterschiede in der Diagnoseprävalenz (10 bis 17 Jahre: 4 je 10.000; 18 bis 54 Jahre: 32 je 10.000). Regional auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte betrachtet, ist anhand der Abrechnungsdaten ein deutliches Nord-Süd-Gefälle zu erkennen.

Insbesondere in Bayern sind die Prävalenzwerte überwiegend niedrig. So weist der bayrische Landkreis Landshut mit 7 Fällen je 10.000 GKV-Versicherte deutschlandweit die niedrigste Prävalenz auf. Die höchsten Prävalenzwerte sind im niedersächsischen Wilhelmshaven (88 je 10.000) dokumentiert. Danach folgen Pirmasens (Rheinland-Pfalz, 86), Flensburg (Schleswig-Holstein, 86) und Bremerhaven (Bremen, 68). Neben Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein im Norden, fällt auch die Region Nordrhein mit höheren Prävalenzwerten auf, insbesondere am Niederrhein entlang der niederländischen Grenze. Bei den 10- bis 17-Jährigen liegt die Zahl der Fälle in nahezu allen Kreisen unter 30 Personen.

Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Auswertung der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Abrechnungsdaten für das Jahr 2021, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) heute veröffentlich hat.

„Die von uns aktuell ausgewerteten Daten geben einen Hinweis darauf, dass sich die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit den gesundheitlichen Risiken auseinandersetzen müssen, die mit dem Konsum von Cannabis verbunden sind. Allerdings ist von einer Untererfassung auszugehen. Die gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums dürfen aber ebenso wenig unterschätzt werden wie das Suchtpotenzial von Cannabinoiden. Aus Studien wissen wir, dass der Konsum von Cannabis-Produkten hirnorganische Veränderungen hervorrufen, zu Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen führen sowie psychische Veränderungen auslösen kann“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Mit der nun geplanten Legalisierung von Cannabis bestehe die Gefahr, dass das Risikobewusstsein sinke, weil der Begriff der Legalisierung fälschlicherweise als Signal für eine geringere Gefährlichkeit der Droge wahrgenommen werde, so von Stillfried weiter: „Ziel einer verantwortungsvollen Gesundheitsvorsorge muss es aber doch sein, die Verbreitung suchtauslösender Substanzen einzuschränken und noch mehr Aufklärungsangebote über die Gefahren von Drogenkonsum zu geben.“

Die bundesweiten vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Abrechnungsdaten gemäß § 295 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) der Jahre 2021 und 2022 bilden die Grundlage für die Auswertung. Die rohe Diagnoseprävalenz berechnet sich als Anteil (je 10.000) aller Personen, bei denen in einem Quartal 2021 und in mindestens einem weiteren der patientenindividuellen drei Folgequartale (M2Q rollierend, M2QR) eine als gesichert gekennzeichnete Diagnose einer psychischen/Verhaltensstörung durch Cannabinoide (ICD-10-GM-Schlüssel: F12) dokumentiert wurde an allen gesetzlichen Versicherten im Alter von 10 bis 54 Jahren mit mindestens einmaliger Leistungsinanspruchnahme im Jahr 2021.

Diagnoseprävalenz psychischer Störungen und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide je 10.000 gesetzlich Versicherter im Alter von 10 bis 54 Jahren 2021 auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte.

Datenbasis:
Bundesweite vertragsärztliche und psychotherapeutische Abrechnungsdaten 1. Quartal 2021 bis 3. Quartal 2022