Recht

BGH verwirft „taggenaue Berechnung“ des Schmerzensgeldes

Auch bei Arzthaftungsprozessen spielt das Schmerzensgeld oft eine zentrale Rolle bei der Aufarbeitung und Bewältigung eines Schadens. Schmerzensgeld darf einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zufolge nicht nach einem festen Schema berechnet werden. Damit erteilt der BGH einer vor einigen Jahren aufgebrachten Berechnungsmethode eine Absage, der sich insbesondere das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt angeschlossen hatte.

Das OLG Frankfurt hatte die sogenannte „taggenaue Berechnung“ angewandt. Dabei werden zunächst Tagessätze zusammengerechnet: Es werden z.B. 150 Euro für einen Tag auf der Intensivstation und 60 Euro für einen Tag in der Rehaklinik angesetzt. Im zweiten Schritt gibt es individuelle Zu- oder Abschläge – z.B. einen Abschlag wegen erheblicher Vorerkrankungen. Im dritten Schritt kann die Summe unter anderem wegen Dauerschäden noch erhöht werden.

BGH: „Taggenaue Berechnung“ viel zu schematisch

Das ist den obersten Zivilrichterinnen und -richtern des Bundesgerichtshofs viel zu schematisch. Es bleibe unberücksichtigt, welche Verletzungen jemand erlitten habe, wie diese behandelt wurden und welches Leid ausgelöst wurde. Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Erforderlich sei „eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls“, stellten die Karlsruher Richterinnen und Richter in einem Fall aus Hessen klar. Dabei sei in erster Linie das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen.

Bundesgerichtshof, 15.02.2022 – VI ZR 937/20
Mitteilung des BGH vom 15.02.2022