Recht

Fingieren von Kündigungsgründen zur Entfernung unliebsamer Betriebs­rats­mit­glieder

Das Fingieren von Kündigungsgründen zur Entfernung unliebsamer Betriebs­rats­mit­glieder begründet einen Entschädigungs­anspruch. Die strategische Vorgehensweise der Arbeitgeberin und des Rechtsberaters sind als schwere Persönlichkeits­rechts­verletzung zu werten.

Die Betreiberin von Senioreneinrichtungen entwickelte gemeinsam mit einem Rechtsanwalt ein Strategiekonzept zur Entfernung ihrer unliebsamen Betriebsratsmitglieder. Danach sollten eingeschleuste Lockspitzel die Betriebsratsmitglieder in Verruf bringen, Kündigungsgründe provozieren und erfinden. Ein als Zeuge vernommener Detektiv bestätigte den Vorwurf, man habe einer Betriebsrätin einen Verstoß gegen das betriebliche Alkoholverbot untergeschoben, um ihre fristlose Kündigung gerichtlich betreiben zu können. Zur strategischen Umsetzung habe auch gehört, dass die Betriebsratsvorsitzende von zwei weiteren Detektiven durch Beschimpfen und Bespucken zu Tätlichkeiten provoziert werden sollte. Als diese nicht zuschlug, verletzte einer der Detektive den anderen und bezichtigte die Betriebsratsvorsitzende dieser Tätlichkeiten. Das Arbeitsgericht wertete die strategische Vorgehensweise der Arbeitgeberin und ihres Rechtsberaters als schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung (§§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 840 Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) und verurteilte sie zu gemeinschaftlicher Entschädigungszahlung von 20.000 Euro.

Arbeitsgericht Gießen, 26.01.2018 – 3 Ca 433/17