Haftungsgefahr – Ausdünnung der Klinikverwaltung kann Ärzte teuer zu stehen kommen!
Ärzte sind für ihr Tun verantwortlich – unterlaufen ihnen Fehler, können sie dafür haftbar gemacht werden. Für Chefärzte greift zudem das sog. Organisationsverschulden – sie haften also, wenn sie den von ihnen geleitete medizinischen Bereich nicht rechtssicher „aufgestellt“ haben. Doch Ärzte geraten auch in die Haftungsfalle, wenn z.B. die Klinikleitung die Verwaltung ausdünnt, um Kosten zu sparen. In welchen Fällen sollten sich Chefärzte hiergegen zur Wehr setzen?
Klinik schließt Rechtsabteilung – Gefahr für Ärzte
Verlieren Ärzte beispielsweise ihren rechtlichen Ansprechpartner in der Klinik, so bleiben mitunter dringliche Rechtsfragen ungelöst. Da im Klinikalltag jedoch entschieden werden und die Behandlung weitergehen muss, handeln Ärzte in dieser Situation häufig mit einem unguten Gefühl. Man weiß, dass etwas rechtlich unklar ist – es fehlt jedoch ein erreichbarer kompetenter juristischer Ansprechpartner.
Eigentlich ist Geschäftsführung verantwortlich …
Passieren in dieser Situation Fehler, die Patienten zu Schaden kommen lassen, ist zunächst die Geschäftsführung als Organisator des Betriebs Krankenhaus verantwortlich. Nach § 130 Ordnungswidrigkeiten-Gesetz handelt ein Unternehmen ordnungswidrig, wenn die gebotenen Aufsichtsmaßnahmen unterlassen werden, um strafrechtlich bewehrte Verstöße zu verhindern. Das Unternehmen ist im Falle von Krankenhäusern der Klinikträger, der von der Geschäftsführung vertreten wird. Geldbußen von bis zu einer Million Euro können bei Verstößen verhängt werden.
Doch in der Rechtspraxis ist zu beobachten, dass Geschäftsführer als sog. „behandlungsferne Entscheider“ nur selten wegen eines Organisationsverschuldens strafrechtlich verfolgt werden. Dies hängt möglicherweise damit zusammen, dass die Kausalkette des Patientenschadens schwierig bis zum wirtschaftlich Verantwortlichen zurückzuverfolgen ist, d.h. dass etwa der ärztliche Fehler letztlich auf den durch die Geschäftsführung erzwungenen Einsparmaßnahmen beruht.
… doch strafrechtlich verfolgt werden meist Ärzte
Während eine strafrechtliche Verfolgung der Klinikleitungen äußerst selten vorkommt, geraten Ärzte – insbesondere Chefärzte – deutlich häufiger in den Fokus der Ermittlungsbehörden. Nur wenn Chefärzte bei ihren Prozessabläufen kritische Punkte im Blick haben, können sie sich vom Vorwurf des Organisationsverschuldens befreien. Hierzu gehört, dass der Chefarzt den rechtlich kritischen Punkt erkennt, sich hierzu informiert und das Ergebnis in seiner Abteilung umsetzt.
Um seiner Klärungspflicht nachzukommen, muss für den Chefarzt Rechtsrat erreichbar sein, d.h. die Klinik muss einen kompetenten Juristen vorhalten, der für Chefärzte ohne Umwege rasch erreichbar ist. Wird dies nicht (mehr) gewährleistet, etwa weil die Klinikleitung den Syndikus-Rechtsanwalt aus Kostengründen einspart, sollten Chefärzte dies kritisch hinterfragen und im Zweifel bei der Geschäftsleitung monieren.
Fazit
Gerade die Corona-Pandemie führt bei einigen Kliniken zu roten Zahlen, die Klinikleitungen zu Einsparungen beim Verwaltungspersonal verleiten. Führt dies dazu, dass Ärzte keinen juristischen Ansprechpartner mehr haben, etwa weil die Rechtsabteilung „eingespart“ wurde, sollten Chefärzte dies bei der Geschäftsführung schriftlich monieren und auf die entsprechenden Haftungsgefahren hinweisen.
Erfolgt keine Reaktion – etwa den (Wieder-)Aufbau der Rechtsabteilung – kann sogar erwogen werden, vertraulich die Aufsichtsgremien zu informieren, um auf den Missstand hinzuweisen. Denn am Ende sind es die Ärzte und die nicht die Geschäftsführung, die haften, wenn etwas schiefgeht.