Arbeit

Kliniken vergraulen ihre Arbeitnehmer: Deshalb wechseln Pflegekräfte zu Zeitarbeitsfirmen

Experten beklagen schon lange einen Pflegemangel, doch insbesondere im vergangenen Jahr ist er durch die Corona-Krise besonders deutlich geworden. Pflegekräfte sind inzwischen sehr begehrt und keineswegs gezwungen, einen Arbeitsplatz mit schlechten Arbeitsbedingungen zu akzeptieren.

von Michael Schiffmann, Gründer und Mitglied der Geschäftsleitung des Personaldienstleistungsunternehmens KOMEDIS GmbH

Es lässt sich in Kliniken und Pflegeeinrichtungen eine hohe Fluktuation beobachten. Zusätzlich bringt der Pflegemangel allerdings auch einige neue Arbeitsmodelle hervor, um die begehrten Arbeitskräfte zu halten. Viele Pflegekräfte wünschen sich eine Alternative zum Status quo.

Über Jahre erhielten sie kaum Wertschätzung, wenig Geld für einen Job mit viel Verantwortung und nahmen dafür durch das Schichtsystem starke Einschnitte im Privatleben in Kauf. Von der Politik wurde immer wieder viel versprochen, aber wenig gehalten. Es ist also nicht verwunderlich, dass Pflegekräfte nun auf attraktivere Alternativen wie Zeitarbeit zurückgreifen.

Natürlich geht es dabei auch um die Bezahlung: Eine in einer Klinik fest angestellte Pflegekraft verdient zwischen 1.600 und 2.000 Euro netto. Als Zeitarbeitskraft liegt das Nettogehalt in der Regel zwischen 3.300 und 3.800 Euro. Selbstverständlich ist das für viele Pflegekräfte attraktiv, auch im Hinblick auf die Altersvorsorge. Hinzu kommt außerdem, dass in diesen Zeitarbeitsmodellen oftmals flexiblere Arbeitszeiten angeboten werden, die besser auf das Leben der Pflegekräfte zugeschnitten sind als das klassische Schichtsystem.

Doch obwohl Zeitarbeit in der Pflegebranche immer beliebter wird, stellt sie nicht die alleinige Lösung für den Pflegemangel dar: Derzeit steuert die Branche auf ein regelrechtes Zeitarbeitsproblem zu. Manche Kliniken decken ihren Bedarf an Pflegepersonal inzwischen zu 50 Prozent mit ständig wechselnden Zeitarbeitern. Durch die hohe Fluktuation leidet nicht nur die Qualität der Pflege, sondern auch das Arbeitsklima.

Die Kliniken sollten deshalb auch selbst daran arbeiten, als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben und auf diese Weise Personal langfristig an sich zu binden.