Augenärzte sprechen sich für Verbot von privatem Feuerwerk aus

Angesichts eines neuen Höchststands schwerer Augenverletzungen vergangenes Silvester warnt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) eindringlich vor den Gefahren privater Pyrotechnik und ruft die Bevölkerung zu verantwortungsvollem Verhalten auf. Insgesamt 905 Personen jeden Alters mit feuerwerksbedingten Verletzungen hatten die notdienstleistenden Augenkliniken zum Jahreswechsel 2024/2025 dokumentiert, so viele wie noch nie seit Beginn der Datenerfassung. Erneut befanden sich vor allem unbeteiligte Personen und ein hoher Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Betroffenen. Besonders tragisch: Ein Patient verstarb in Folge einer Kopfverletzung. Vor dem Hintergrund der alarmierenden Entwicklung votierte eine Mehrheit der DOG-Mitglieder für ein Verbot privaten Feuerwerks.

Seit 2016/2017 sammelt die DOG Daten zu feuerwerksbedingten Augenverletzungen an den Silvestertagen. Zum Jahreswechsel 2024/2025 beteiligten sich nahezu 90 Prozent aller in Deutschland notdienstleistenden Augenkliniken an der Umfrage. Wie die Auswertung zeigt, traf es in 60 Prozent der Fälle – wie in den Vorjahren auch – Unbeteiligte und Passanten, die das Feuerwerk selbst gar nicht gezündet hatten. „Besonders schwer wiegt der hohe Anteil an verletzten Kindern und Jugendlichen, der wieder bei nahezu 40 Prozent lag“, sagt Professor Dr. med. Ameli Gabel-Pfisterer, Mitglied der DOG-Arbeitsgruppe Feuerwerksverletzung. „Viele davon sind jünger als 12 Jahre und haben bei schweren Verletzungen lebenslang mit funktionellen und kosmetischen Folgen zu kämpfen“, ergänzt die Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam.

Seit 2016 wächst das Verletzungsrisiko

Von den 905 Verletzten musste insgesamt ein Viertel stationär aufgenommen werden. „Dass erstmals seit Bestehen der Erhebung ein Patient verstarb, markiert eine traurige Zäsur, die die Brisanz des Themas auf tragische Weise unterstreicht“, sagt Professor Dr. med. Hansjürgen Agostini, ebenfalls Mitglied der DOG-Arbeitsgruppe Feuerwerksverletzung. Denn seit 2016 zeichnet sich in den bundesweiten Umfragen ein alarmierender Trend ab, berichtet der Leitende Oberarzt der Universitäts-Augenklinik Freiburg: „Die Auswertung belegt ein steigendes und inzwischen dramatisch hohes Niveau schwerer Augenverletzungen“, so Agostini. In der Zeit vor der COVID-19-Pandemie wurden jährlich etwa 500 Fälle dokumentiert.

DOG-Mitgliederumfrage: Klares Votum gegen privates Feuerwerk

Dass dagegen aus augenärztlicher Sicht dringend gehandelt werden sollte, demonstriert ein Votum der DOG-Mitglieder. Im Sommer 2024 hatte die DOG eine Befragung durchgeführt, die per E-Mail an mehr als 8.400 Mitglieder verschickt wurde. Von den antwortenden Augenärztinnen und Augenärzten votierte die Mehrheit dafür, dass die DOG ein Verbot privaten Feuerwerks fordern solle. Auf Basis dieses Stimmungsbildes wandte sich die DOG an Behörden und politische Entscheidungsträger – darunter das Bundesgesundheits-, das Bundesinnen- und das Bundesumweltministerium sowie kommunale Spitzenverbände – und plädierte erneut für ein Ende privater Pyrotechnik. „Wir appellieren an alle Verantwortlichen, die Datenlage und die Empfehlung der Augenärzteschaft zu berücksichtigen“, sagt DOG-Generalsekretär Professor Dr. med. Claus Cursiefen. Die bestehenden Regelungen reichten nicht aus, um die Bevölkerung zu schützen.

Vorsicht, Aufklärung, Schutz

Derweil rät die DOG zu Verhaltensmaßnahmen, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. So sollte man Orte besser meiden, an denen viel gezündet wird. „Wer in Kontakt mit Feuerwerk kommt, ist gut beraten, im Freien oder auf dem Balkon eine einfache Schutzbrille aus dem Baumarkt zu tragen, das verhindert schwere Verletzungen“, empfiehlt Gabel-Pfisterer. Alkohol am Zündplatz ist tabu. „Wer getrunken hat, sollte kein Feuerwerk in die Hand nehmen“, betont Agostini. Eltern müssten ihre Kinder zudem eindringlich davor warnen, nicht explodierte Knallkörper vom Boden aufzusammeln. „Das ist kein Spielzeug“, betont der DOG-Experte. „Das Hantieren mit Auflesefunden zählt zu den häufigsten Ursachen schwerer Verletzungen.“

Neue Datenerhebung zum kommenden Jahreswechsel

Auch dieses Jahr erfasst die DOG zwischen dem 27. Dezember 2025 und dem 3. Januar 2026 mit ihrer Umfrage wieder Daten zu feuerwerksbedingten Augenverletzungen. „Wir hoffen auf breite Beteiligung, um die politische Diskussion weiterhin mit Fakten begleiten zu können“, sagt Cursiefen. „Jede dokumentierte Verletzung zeigt, dass wir es mit vermeidbaren Schicksalen zu tun haben“, ergänzt Agostini.

  • Framme C., Book B., Hufendiek K., Panidou-Marschelke E., Sinicin E., Lindziute M., Rauscher J., Hamann M., Agostini H., Gabel-Pfisterer A. Spektrum von Feuerwerksverletzungen an einer Universitäts-Augenklinik nach dem COVID-19-Lockdown. Ophthalmologie 2024; 121:27–35.
  • Gabel-Pfisterer A., Böhringer D., Agostini H. für die Feuerwerks-Verletzungen-Studiengruppe. Pandemiebedingtes Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern in Deutschland führt zu einer deutlichen Abnahme der Augenverletzungen. Ophthalmologie 2022; 119:1257–1266.
  • Gabel-Pfisterer A., Böhringer D., Agostini H. Augenverletzungen durch Feuerwerks- und Knallkörper. Ophthalmologe 2019; 116:1136–1137.