Dengue, Malaria, Vibrionen und Co.: Verbreitungsgebiete dehnen sich aus

Welche Auswirkungen hat das sich verändernde Klima auf die menschliche Gesundheit? Die wissenschaftliche Studienlage zu diesem facettenreichen Thema wird einmal jährlich im „Lancet-Countdown on health and climate change“ zusammengefasst, der gerade zum zehnten Mal erschienen ist. Das CRM Centrum für Reisemedizin nimmt den Bericht zum Anlass, auf die klimabedingte Zunahme von Tropen- und anderen Infektionskrankheiten hinzuweisen und Reisende an einen guten Mücken- und Infektionsschutz zu erinnern.

Nicht nur Menschen haben Wohlfühltemperaturen – auch die Vermehrung und Verbreitung von Krankheitserregern hängt davon ab, welche klimatischen Bedingungen sie vorfinden. „Das gilt besonders für Erreger, die durch tierische Vektoren übertragen werden, also etwa durch den Stich einer Mücke oder einer Zecke“, sagt Professor Dr. med. Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin. Denn nicht nur die Erreger selbst, sondern auch ihre „Taxis“ sind auf Umweltbedingungen wie Wärme oder Feuchtigkeit angewiesen.

Wie der Countdown-Bericht nun darlegt, haben sich die Bedingungen für verschiedene mückenübertragene Viren in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert – zumindest aus Sicht der Erreger: Änderungen bei Temperatur, Niederschlag, Tageslänge und Bevölkerungsdichte haben wie ein Turbo auf die Infektionsdynamik von Viren wie Dengue oder Chikungunya gewirkt. Anhand von Modellen errechneten die Forschenden, dass jede einzelne Infektion mit diesen Viren heute 1,5 mal mehr weitere Infektionen nach sich zieht als in den 1950er Jahren. Diese Zahl gilt für eine Übertragung durch die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). Bei der nahe verwandten Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) als Vektor – sie überträgt ebenfalls Dengue-Viren, aber auch z. B. das Zika-Virus – war der Anstieg mit knapp 12 Prozent zwar geringer. „Bei einer exponentiellen Ausbreitung hat aber auch eine scheinbar kleine Änderung einen großen Effekt“, so Jelinek. Wie er betont, weisen die aus Rechenmodellen stammenden Zahlen in dieselbe Richtung wie das tatsächlich beobachtete Infektionsgeschehen:  7,6 Millionen Dengue-Infektionen wurden allein zwischen Januar und April 2024 an die Weltgesundheitsorganisation WHO gemeldet – dreimal so viele wie im selben Zeitraum des Vorjahres. 16.000 dieser Fälle wurden als schwer eingestuft, mehr als 3000 Patientinnen und Patienten verstarben.

Welche Weltgegenden geeignete Bedingungen für die Ausbreitung von Aedes-Mücken und den von ihr mitgetragenen Viren bieten, war nicht Gegenstand des diesjährigen Countdown-Berichts. „Wir beobachten jedoch seit Jahren, dass Infektionen mit Chikungunya-, Dengue- und West-Nil-Viren zunehmend auch im Süden Europas auftreten und sich kontinuierlich weiter Richtung Norden bewegen“, ergänzt Jelinek.

Für Malaria wiederum lag der Fokus des Berichts genau darauf: Wie sich das potenzielle Ausbreitungsgebiet für die beiden häufigsten Malariaerreger Plasmodium vivax und P. falciparum entwickelt. Weltweit betrachtet nahmen geeignete Gebiete demnach seit den 1950er Jahren um rund 2 Prozent zu, deutlich stärker war der Anstieg mit 13 bis 14 Prozent aber in den Höhenlagen oberhalb von 1500 Metern, die früher als weitgehend malariafrei galten. „Hier macht sich der Klimawandel besonders bemerkbar“, ordnet Jelinek diesen Befund ein. „Vormals zu kühle Gegenden werden durch die Erwärmung allmählich zu Endemiegebieten.“

Von der Erwärmung profitieren auch Vibrionen, Bakterien also, die im küstennahen Salzwasser vorkommen. Sie sind nicht auf Überträger angewiesen, sondern dringen direkt über Wunden in den Körper ein und können vor allem bei immungeschwächten Menschen schwerwiegende Infektionen auslösen. Wie es im Bericht heißt, ist die Zahl der Küstenkilometer weltweit, die für Vibrionen geeignete Bedingungen bieten, zwischen 2023 und 2024 um 3,2 Prozent gewachsen, seit den 1990er Jahren um 36 Prozent, auf eine heutige Länge von knapp 91.200 Kilometern. „Auch hier korrespondieren die allein aus Temperatur und Salzgehalt abgeleiteten Daten mit dem tatsächlich beobachteten Anstieg der Vibrionen-Infektionen, die im Jahr 2024 auf über 722.000 geschätzt wurden“, so Jelinek. Auch an der Ostsee, die mit ihrem geringen Salzgehalt und relativ hohen Wassertemperaturen gute Bedingungen für die Vermehrung von Vibrionen bietet, kommt es immer wieder zu teils schweren Infektionen.

Weil sich Endemiegebiete und Infektionsrisiken beständig wandeln, sollten vor einer Reise stets aktuelle Informationen zur derzeitigen Lage am Zielort eingeholt werden. „Am besten geschieht dies im Rahmen einer reisemedizinischen Beratung, bei der Reisende zugleich Informationen zu geeigneten Schutzmaßnahmen erhalten“, sagt Jelinek. Die Beratung sollte mindestens sechs Wochen vor Reiseantritt erfolgen, damit noch Zeit für mögliche Impfungen bleibt. Auch individuelle Ratschläge zur Malariaprophylaxe, die auf das Reiseziel, die Art der Reise und die Dauer abgestimmt sein sollte, dürfen bei keiner Beratung fehlen. Ein Ratschlag bleibt dagegen immer gleich: Wer in Gebiete mit hohem Infektionsrisiko fährt, sollte nicht nur nachts auf einen guten Mückenschutz achten – denn wichtige Überträgermücken wie die beiden Aedes-Arten sind überwiegend tagaktiv.

  •  Romanello, Marina et al., The 2025 report of the Lancet Countdown on health and climate change, Published Online, October 29, 2025, https://doi.org/10.1016/S0140-6736(25)01919-1
  • Mitteilung des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf, vom 25.11.2025

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