Fachärztliche Weiterbildung nur mit abgeschlossener Berufsausbildung möglich
Die Anrechnung einer Tätigkeit auf der Grundlage einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs nach § 10 BÄO als Weiterbildungszeit für die Weiterbildung zur Fachärztin bzw. zum Facharzt ist nicht möglich.
Es muss gewährleistet sein, dass eine Ärztin bzw. ein Arzt bei Aufnahme der Weiterbildung über die notwendigen grundlegenden Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Niveau einer deutschen Ausbildung verfügt. Ein gleichwertiger Ausbildungsstand oder eine erfolgreiche Kenntnisprüfung ist somit für Ärztinnen und Ärzte aus Drittstaaten zwingende Voraussetzung für die Zulassung zur fachärztlichen Weiterbildung. Die Charakteristik der ärztlichen Weiterbildung besteht gerade darin, dass sie als berufsbegleitende Phase nach abgeschlossener Berufsausbildung erfolgt.
Der Kläger ist approbierter Arzt. Er hat sein Medizinstudium in Nordzypern abgeschlossen. Im Zeitraum vom 01.10.2017 bis 30.09.2020 praktizierte er auf der Grundlage einer Berufserlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs nach § 10 BÄO als Assistenzarzt. Am 07.06.2022 bestand er die Kenntnisprüfung im dritten Versuch und erhielt im Anschluss die ärztliche Approbation. Seit dem 01.08.2022 ist er erneut als Arzt beschäftigt. Am 04.07.2023 beantragte er bei der Beklagten, seine im Zeitraum vom 01.10.2017 bis 30.09.2020 ausgeübte Tätigkeit im Fachbereich Neurologie als Weiterbildungszeit für die Gebietsweiterbildung zum Facharzt für Neurologie gemäß § 37 Abs. 8 Satz 2 BremHeilBerG anzuerkennen. Um eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu vermeiden, müsse die Anrechnung erfolgen. Auf die Gleichwertigkeit der ärztlichen Grundausbildung zu Beginn der Weiterbildung könne es nicht ankommen, da auch bei der Anerkennung ausländischer Weiterbildungszeiten nur erforderlich sei, dass die Approbation zum Zeitpunkt des Antrags auf Anerkennung vorliege. Für eine Weiterbildung im Inland dürften keine strengeren Anforderungen gestellt werden als für eine Weiterbildung im Ausland. Insbesondere komme es nicht darauf an, dass die Feststellung der Gleichwertigkeit der ärztlichen Grundausbildung zum Zeitpunkt der anzurechnenden Tätigkeit vorliege.
Das Verwaltungsgericht Bremen lehnte sein Ansinnen ab: Dass der Kläger vor Ablegen seiner Kenntnisprüfung keine Möglichkeit hatte, die reguläre Weiterbildung zu durchlaufen, hat seinen Grund darin, dass er die Zugangsvoraussetzungen dafür nicht erfüllte. Dieser Fall ist nicht vergleichbar mit Ärzten, die außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Ärztekammer Bremen eine von der Weiterbildung im Land Bremen abweichende Weiterbildung ganz oder teilweise absolviert haben, deren Anerkennung oder Anrechnung sie begehren. Soweit der Kläger geltend macht, bei dieser formalistischen Betrachtungsweise komme eine Anrechnung dann wieder in Betracht, wenn er den Antrag in einem anderen Bundesland stelle, in dem die Vorgaben zur Weiterbildung abwichen, verkennt er, dass in jedem Bundesland für die Zulassung zur Weiterbildung eine dem Mindeststandard des Art. 24 RL 2005/36/EG entsprechende ärztliche Grundausbildung vorausgesetzt wird. Anrechnungs- oder anerkennungsfähige Weiterbildungszeiten liegen von vorneherein nicht vor, wenn es an dieser Grundausbildung fehlt.
Verwaltungsgericht Bremen, Urteil vom 06.03.2025 – 5 K 710/24. https://t1p.de/4tken