Gesundheitspolitik

Krankenhausfinanzierung: Kalkulation der DRG-Fallpauschalen

von Dr. Christopher Niehues, LL.M., und Linda Winkelhaus, Betriebswirte und Krankenhausberater, HC&S AG, Münster, www.hcs-consult.de

Zur Kalkulation der DRG-Fallpauschalen haben die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) errichtet. Neben der jährlichen Weiterentwicklung des DRG-Systems werden mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) gegenwärtig weitreichende Änderungen der Kalkulationsmethodik vorgenommen. Dies betrifft insbesondere die sogenannten „sachkostenintensiven“ Leistungen. 

Grundlage der DRG-Fallpauschalenkalkulation

Nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) werden für jeden Krankenhausfall detaillierte Daten zu Diagnosen, Prozeduren etc. erfasst. Zusätzlich zu diesen Leistungsdaten übermitteln einige Kalkulationshäuser bislang freiwillig ihre Kostendaten zu jedem Behandlungsfall. Auf Basis dieser Informationen bildet das InEK kostenhomogene Fallpauschalen. Als Ausgangsbasis der Kalkulation dienen die testierten Jahresabschlüsse der Krankenhäuser und ein einheitliches Kalkulationsverfahren. Durch diese Methode liegt zwischen den Kostendaten und dem jeweiligen Fallpauschalenkatalog eine Verzögerung von zwei Jahren. Die zwischenzeitlichen Kostensteigerungen werden indirekt durch Landesbasisfallwerte kompensiert, die jeweils über der errechneten Bezugsgröße liegen.

Defizite der bisherigen Kalkulationsstichprobe

Das InEK veröffentlicht jährlich unter www.g-drg.de einen Abschlussbericht zur Weiterentwicklung des DRG-Systems, der zahlreiche Details zur Datenerhebung und Fallpauschalenbildung erörtert. Während dem InEK die § 21-Leistungsdaten aller Kliniken übermittelt werden, erfolgt die detaillierte Kostendatenlieferung wie beschrieben freiwillig. Die teilnehmenden Kalkulationskrankenhäuser erhalten hierfür eine Aufwandsentschädigung.

Da die Teilnahme an der Fallpauschalenkalkulation einen unmittelbaren Einfluss auf die späteren DRG-Erlöse hat, besteht für bestimmte Kliniken mit günstigen Kostenstrukturen ein großer Anreiz, sich nicht an der Kalkulation zu beteiligen. In Bezug auf alle 1.517 Krankenhäuser mit einer Datenerhebung gemäß § 21 KHEntgG liefern nur ca. 16 Prozent (245 Krankenhäuser) detaillierte Kostendaten. Die obige Grafik zeigt aber deutlich, dass Krankhäuser in öffentlicher Trägerschaft in dem Kalkulationsverfahren überrepräsentiert sind. Hierzu zählen vor allem Maximalversorger mit teuren Kostenstrukturen.

Neuregelung der Stichprobenermittlung

Aus o. g. Gründen wurde die freiwillige Teilnahme an der Kostenkalkulation seit ihrer Einführung regelmäßig kritisiert (OH 07/2017, Seite 6). Daher ist mit dem KHSG die Verbesserung der Repräsentativität der Kalkulationsstichprobe festgelegt worden (§ 17b Abs. 3 S. 6 Krankenhausfinanzierungsgesetz; KHG). Ab dem Datenjahr 2016, d. h. dem Fallpauschalenkatalog 2018, wird die freiwillige Kalkulation um eine verpflichtende Kalkulationsteilnahme ausgewählter Krankenhäuser erweitert. Dazu haben die Vertragsparteien des InEK auf Bundesebene ein Losverfahren beschlossen, bei dem 40 Krankenhäuser zufällig ausgewählt werden, die für fünf Jahre an der Kalkulation teilnehmen müssen.

  • Auswahlprozess und Sanktionen ab dem Fallpauschalenkatalog 2018
  • Zur Verbesserung der Repräsentativität wird auf Basis aller § 21-Daten analysiert, in welchen Bereichen der Kalkulationsstichprobe die Merkmale „Trägerschaft“ und „Leistungsbereiche“ unterrepräsentiert sind.
  • Im zweiten Schritt wird der Auswahlprozess zur Erweiterung der Stichprobe bzgl. dieser Merkmale beschrieben. Dann werden in einem mehrstufigen Losverfahren unter notarieller Aufsicht Krankenhäuser gezogen, die zur Teilnahme verpflichtet werden (erste Ziehung als Video: www.iww.de/s216).
  • Für ausgeloste Kliniken, die keine oder nicht brauchbare Kalkulationsdaten liefern, ist ein gestuftes System von Vergütungsminderungen vorgesehen:
    • Abschläge i. H. v. 14.000 Euro (pauschal) im ersten Datenjahr sowie
    • ab dem zweiten Datenjahr Abschläge je nicht verwertbaren (bzw. fehlenden) voll- und teilstationären Krankenhausfall. Diese betragen 15 Euro je Fall im zweiten Datenjahr, 30 Euro je Fall im dritten Datenjahr, 60 Euro je Fall im vierten Datenjahr und 90 Euro je Fall im fünften Datenjahr.

 

Es heißt daher häufig:„Dies ist die erste Auslosung, bei der niemand gewinnen will.“ Betroffene Krankenhäuser werden ihre tatsächliche Teilnahme vermutlich zwischen den drohenden Sanktionen, dem Kalkulationsaufwand und dem Einfluss auf die Struktur der Fallpauschalen abwägen. In diesem Fall ist für die Zukunft mit einer Anpassung der Sanktionsmaßnahmen durch die Selbstverwaltungspartner zu rechnen.

Kostenmatrix der DRG-Fallpauschalen

Grundsätzlich wird jede Fallpauschale im Rahmen einer Kostenträgerrechnung ermittelt. Aufgrund der sektoralen Trennung und dualen Krankenhausfinanzierung sind für die Kalkulation der DRG-Fallpauschalen in Deutschland ausschließlich die Behandlungskosten (Betriebskosten) der voll- und teilstationären Versorgung zu berücksichtigen. Alle anderen Kosten – vor allem Investitionskosten und die Kosten der ambulanten Leistungserbringung – müssen aus der Fallkostenkalkulation ausgegliedert werden. Diese Ausgliederung der nicht DRG-relevanten Kosten bereitet allerdings teilweise erhebliche Erfassungs- und Abgrenzungsprobleme. Ergebnis der Kostenträgerrechnung ist eine Kostenmatrix, in der Kostenarten und Kostenstellen differenziert dargestellt werden (siehe Grafik „Kostenmatrix DRG-Fallpauschalen“ sowie den G-DRG-Report-Browser, Download unter www.iww.de/s215).

MERKE | Während für die meisten großen Kernbereiche im Krankenhaus Hauptkostenstellengruppen gebildet wurden, waren Leistungen für stationäre Patienten in den Ambulanzen, Notaufnahmen, Inhalationstherapieräumen etc. bislang unter „sonstige Bereiche“ zusammengefasst. Ab dem Kalkulationsjahr 2016 mit Wirkung im Fallpauschalenkatalog 2018 werden die „sonstigen Bereiche“ jedoch in die drei Hauptkostenstellengruppen „Diagnostische Bereiche“, „Therapeutische Verfahren“ und n„Patientenaufnahme“ aufgegliedert. Inwiefern die Erweiterung der Kostenkalkulation nützliche Informationen zu einer sachgerechteren Fallpauschalenermittlung liefert, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Eine besondere Bedeutung kommt aber der neuen Kostenstellengruppe 13 „Patientenaufnahme“ zu. Hier plant das InEK zukünftig, Zu- und Abschläge für die (Nicht-)Teilnahme an der Notfallversorgung zu ermitteln.

 

Ziel: Korrektur der Sachkostenproblematik

Mit dem KHSG wird erstmalig in der Geschichte des G-DRG-Systems direkt in die Kostenkalkulation eingegriffen. Seit Langem besteht die Vermutung, dass in der bisherigen Kalkulationsbasis die sachkostenintensiven Fachabteilungen überrepräsentiert sind. Ziel der sogenannten Sachkostenkorrektur ist eine reine Umverteilung der anteiligen Bewertung der Sachkosten (20,7 Prozent) hin zur Bewertung der Personal- und Infrastrukturkosten. Damit werden die Bewertungsrelationen einzelner DRG-Fallpauschalen mit einem hohen Sachkostenanteil mit bis zu 4,5 Prozent abgewertet. Im Gegenzug steigen bei Fällen mit niedrigen Sachkostenanteilen die Bewertungsrelationen. So werden pflegeintensive Fachabteilungen wie die Geriatrie, die Pädiatrie und die Allgemeine Innere Medizin zu den Profiteuren der neuen Regelungen zählen, Fachabteilungen mit hohen Sachkosten werden Erlösminderungen zu spüren bekommen.