Rückwirkende Wahlleistungsvereinbarung?

von Dr. Rainer Hellweg, Fachanwalt für Medizinrecht, armedis Rechtsanwälte Hannover, www.armedis.de

Patient P wird als Notfall in die Klinik eingewiesen. Er ist dort bekannt als Privatpatient und hat bei seinen Voraufenthalten immer wahlärztliche Leistungen (Chefarzt-Behandlung) beansprucht. Jetzt wird er länger intensivmedizinisch von Oberarzt O, dem ständigen ärztlichen Vertreter von C, behandelt. P, der bewusstlos und unbegleitet eingeliefert wurde, lag zwei Wochen im Koma. Die Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnete er erst nach seinem Aufwachen. Ist dies erlaubt? 

Zwist um Erstattung der Behandlungskosten

Die private Versicherung meint, die vor Unterzeichnung der Wahlleistungsvereinbarung erbrachten Leistungen müsse sie nicht erstatten. C hingegen ist der Auffassung, eine rückwirkende Vereinbarung von Wahlleistungen müsse in diesem Fall erlaubt sein. Wer hat Recht?

Gesetz: Keine rückwirkende Wahlleistungsvereinbarung

Die gesetzliche Regelung in § 17 Abs. 2 S. 1 Krankenhausentgeltgesetz verlangt ausdrücklich den schriftlichen Abschluss der Vereinbarung „vor der Erbringung“ der abzurechnenden Leistungen. Die juristische Schlussfolgerung: Leistungen, die vor Unterzeichnung der Wahlleistungsvereinbarung erbracht wurden, sind nicht privatliquidationsfähig.

Gericht: Keine rückwirkende Wahlleistungsvereinbarung

Das Argument, eine Rückwirkung müsse möglich sein, da P vorher gar nicht habe unterzeichnen können, trägt juristisch nicht. Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 22.02.2007 (Az. I-8 U 119/06) klarstellte, ist aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Konzeption eine rückwirkende Heilung des Verstoßes gegen die Notwendigkeit einer schriftlichen Vereinbarung nicht möglich. Ansonsten werde der Schutz- und Warnfunktion des Schriftformerfordernisses nicht genügt.

PRAXISHINWEIS | Um dem Honorarausfall vorzubeugen, hätte zum Zeitpunkt der Notfallaufnahme ein Krankenhausmitarbeiter die Wahlleistungsvereinbarung in Vertretung für P unterzeichnen sollen. Damit wäre dem Schriftformerfordernis entsprochen worden. Sobald P das Bewusstsein wiedererlangt, hätte P sich dafür entscheiden können, diese Unterschrift zu genehmigen. Dann hätte sich C einen Honoraranspruch für sämtliche erbrachten Leistungen gesichert. Verweigert der Patient die Unterschrift – sein gutes Recht -, geht der Chefarzt leer aus. Dieses Risiko kann juristisch jedoch nicht ausgeschlossen werden.

 

Als behandelnder Oberarzt sollten Sie dafür sorgen, dass dem Patienten diese beiden Alternativen ehrlich erklärt werden. Wird zu viel „Druck“ gemacht, er möge unterschreiben, ist dies weder ethisch noch im Sinne der Klinik. Denn dieser Patient dürfte für künftige Behandlungen verloren sein.