Stress erhöht das Schlaganfallrisiko um bis zu 30 Prozent
Wie sehr Stress das Schlaganfallrisiko erhöhen kann, belegt eine aktuelle Studie: In der internationalen, retrospektiven Fallstudie mit 26.812 Personen aus 32 Ländern wiesen Wissenschaftler der Universität Galway (Irland) einen deutlichen Zusammenhang zwischen einem Hirninfarkt und einem erhöhten Stresslevel nach. Das Ergebnis: Aus der Gruppe der Schlaganfall-Betroffenen berichteten rund 21 Prozent von einem erhöhten Maß an Stress, während es in der Kontrollgruppe, die sich aus Personen ohne einen Hirninfarkt zusammensetzte, nur 14 Prozent waren.
Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) weist auf dieses Risiko hin und rät dringend zur Stressprävention. Sie ruft weiter dazu auf, bei Schlaganfallsymptomen – Sprachstörungen oder Lähmungen – unverzüglich medizinische Hilfe zu suchen, um Langzeitschäden zu verhindern.
In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Hirninfarkt. Risikofaktoren dafür sind beispielsweise Übergewicht, Stoffwechselstörungen, Bluthochdruck oder Rauchen. Die aktuelle irische Studie zeigt nun, dass auch Stress einen Schlaganfall begünstigen kann. „In der Untersuchung wurden die Risikofaktoren des Herzkreislaufsystems sozusagen „herausgerechnet“ und nur der Zusammenhang zwischen einem Schlaganfall und Stress untersucht“, erklärt Prof. Dr. med. Wolf-Rüdiger Schäbitz, (Universitätsklinik für Neurologie Bielefeld): „Das Gefühl von Stress entsteht zum Beispiel bei Überforderung oder dem Eindruck von Kontrollverlust am Arbeitsplatz oder im Privatleben“, so erläutert Professor Schäbitz, von der Universitätsklinik für Neurologie am Universitätsklinikum OWL in Bielefeld die vorliegenden Daten aus verschiedenen Studien.
In der aktuellen Untersuchung belegten die irischen Forscher, dass das Schlaganfallrisiko aufgrund eines beliebigen belastenden Lebensereignisses um 17 Prozent erhöht war, während das Auftreten von zwei oder mehr belastenden Lebensereignissen das Schlaganfallrisiko sogar um bis zu 31 Prozent erhöhen kann. Dabei wiesen sie unterschiedliche Stressfaktoren nach – sowohl erhöhter Stress am Arbeitsplatz als auch in der Familie oder belastende Lebensereignisse in jüngster Zeit – wie beispielsweise eine Trennung oder Scheidung, größere innerfamiliäre Konflikte oder Krankheiten und Todesfälle innerhalb der Familie – waren mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle verbunden.
Bei einem Schlaganfall wird durch einen Riss oder eine Blockade eines Blutgefäßes im Gehirn die Blutversorgung eines Gehirnareals unterbrochen. Je nachdem, welches Gebiet des Gehirns betroffen ist, werden dadurch unterschiedliche körperliche Funktionen gestört. Die Folgen sind gravierend – dazu gehören beispielsweise Lähmungserscheinungen, Sprachverlust und Sehstörungen. Im schlimmsten Fall stirbt der Betroffene. Eine korrekte, rasche Diagnose kann also lebensrettend sein – die klassischen Schlaganfallsymptome erkennt der Laie mit dem FAST-Test.
FAST steht für Gesicht (face), Arme (arms), Sprache (speech), Zeit (time). Hängt beim Lächeln ein Mundwinkel oder kann ein Arm nicht richtig angehoben werden kann? Dann könnte eine schlaganfallbedingte Lähmung vorliegen. Der Betroffene könnte auch Sprachstörungen haben und nicht fähig sein, einen einfachen Satz nachzusprechen. Dann kommt der Faktor Zeit ins Spiel, denn „Time is Brain“.
„Bei einem Schlaganfall kann ein schnelles medizinisches Eingreifen lebensrettend sein“, erklärt Professor Dr. med. Darius Nabavi, 1. Vorsitzende der DSG. „Rufen Sie sofort die 112 und erläutern Sie die Symptome, dann können so schnell wie möglich die passenden Therapien eingeleitet und der Patient in eine spezialisierte Klinik – eine Stroke Unit – gebracht werden.“
Die DSG rät jedem dringend, das individuelle Schlaganfallrisiko zu senken. „Das haben wir auch selbst in der Hand“, erläutert Professor Nabavi, Chefarzt der Neurologie am Vivantes Klinikum Neukölln in Berlin. „Mit gesunder Ernährung, wenig Alkohol und ausreichend Bewegung kann jeder entscheidend auf sein Gewicht, seinen Blutdruck und insgesamt auf seine Gesundheit einwirken.“ Zudem sei es wichtig, nicht zu rauchen. Zur Reduktion von Stress empfiehlt die DSG Entspannungstechniken wie Achtsamkeitsmeditation, autogenes Training, viel Bewegung und eine Reduktion der privaten Stressfaktoren. All diese Maßnahmen verstärken das Gefühl von Selbstwirksamkeit, führen zu erhöhter Resilienz und beugen Stress – und damit auch potentiellen Schlaganfällen – vor. „Im Zuge der gesundheitsbezogenen Vorsorgemaßnahmen sind auch Arbeitgeber gefragt: Sie sollten ihre Mitarbeiter nicht überfordern. Wenn diese auch am Arbeitsplatz die Möglichkeit haben, eigenverantwortlich zu arbeiten und sich proaktiv einzubringen, kann einem zu hohen Stresslevel beispielsweise rechtzeitig vorgebeugt werden“, so Schäbitz abschließend.
Mitteilung der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)
Literatur: Reddin C et al. Association of Psychosocial Stress With Risk of Acute Stroke. JAMA Netw Open. 2022;5(12):e2244836. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.44836 – https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2799352