Recht

Tariflich beschäftigte Oberärzte sollten arbeitsvertragliche Ansprüche rechtzeitig einklagen

von Rechtsanwalt Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Oberärzte sollten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis rechtzeitig geltend machen. Dies macht ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. März 2016 deutlich (Az. 4 AZR 421/15): Danach reicht es nicht aus, die Klage rechtzeitig bei Gericht einzureichen, vielmehr muss sie – falls eine sog. Ausschlussfrist gilt – innerhalb dieser Frist auch dem Klagegegner zugestellt sein. Dies ist im Falle klagender Oberärzte in der Regel der Klinikträger. Die Entscheidung hat für alle tariflich sowie nach AVR-Diakonie bzw. AVR-Caritas beschäftigten Oberärzte Bedeutung. 

Rechtlicher Hintergrund

In Arbeitsverträgen von angestellten Oberärzten werden oft tarifvertragliche bzw. AVR-Regelungen einbezogen. Daher sind auch deren sog. Ausschlussfristen gültig. Nach ihnen müssen bestimmte arbeitsvertragliche Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden – sonst verfallen sie. Die Ausschlussfrist findet sich meist am Ende von Arbeitsverträgen oder in Tarifverträgen – z. B. den für kommunale Kliniken gültigen TV-Ärzte/VKA:

  • § 37 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von (…) dem Arzt oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. (…)“

Klage muss innerhalb der Frist dem Klinikträger zugestellt sein

Das BGH folgte in seinem Urteil seiner bisherigen Linie, wonach der Gläubiger einer Forderung sich den Zeitverlust durch die – in der Sache nicht zwingend erforderliche – Inanspruchnahme des Gerichts selbst zuzurechnen hat. Mit anderen Worten: Wer als Oberarzt seine Ansprüche gegen die Klinik kurz vor Fristende bei Gericht geltend macht, die Klage aber erst nach der Frist auf dem Tisch der Klinik liegt (also „zugestellt“ ist), geht leer aus.

Praktisches Beispiel: Die klagende Oberärztin

Vor dem sächsischen Landesarbeitsgericht klagte eine Oberärztin darauf, in die Entgeltgruppe Ä 3 des Tarifvertrags für Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) eingruppiert zu werden. Zudem verlangte sie die Auszahlung einer Vergütungsdifferenz. Hintergrund: Sie war bereits vor Aushändigung der Ernennungsurkunde für einen medizinischen Bereich verantwortlich. Das Gericht entschied am 10. Juni 2011, dass die Ansprüche der Oberärztin teilweise verfallen seien, da sie nicht innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht worden waren (Az. 3 Sa 360/10). Der Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte sei erst mit der Zustellung der Klage und damit nach Ablauf der Ausschlussfrist erfolgt.