Kategorie: Recht
Einhaltung der Grenzverweildauer berechtigt den MDK in der Regel nicht zur Abrechnungsprüfung
Einhaltung der Grenzverweildauer berechtigt den MDK in der Regel nicht zur Abrechnungsprüfung
von Rosemarie Sailer, LL.M., Fachanwältin für Medizinrecht, Wienke & Becker – Köln, www.kanzlei-wbk.de
| Krankenkassen bezweifeln bei Abrechnungsprüfungen häufig, dass ein stationärer Aufenthalt oder eine OP nötig waren. Zudem wird versucht, die Dauer des stationären Aufenthalts unter die untere Grenzverweildauer zu “drücken“. Doch hier gilt: Bei Einhaltung der Grenzverweildauer besteht keine Auffälligkeit, die den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Rechnungsprüfung ermächtigt. Wie können sich Klinikleitung und Oberarzt gegen solche Vorhaltungen des MDK wehren? | „Einhaltung der Grenzverweildauer berechtigt den MDK in der Regel nicht zur Abrechnungsprüfung“ weiterlesen
Das Airbus-Unglück und die Folgen: Wie weit reicht die ärztliche Schweigepflicht?
Nach aktuellem Ermittlungsstand litt der Co-Pilot, der einen Airbus über den Alpen zum Absturz brachte, seit längerem unter einer Depression. Nach dem Unglück wurden Stimmen laut, die ärztliche Schweigepflicht zu lockern und behandelnde Ärzte in solchen Fällen zur Mitteilung an Behörden zu verpflichten. Wären die Ärzte hierzu nach aktueller Gesetzeslage nicht schon heute verpflichtet gewesen? Mit anderen Worten: Wie weit reicht die ärztliche Schweigepflicht heute tatsächlich?
Geschützt: Oberarzt verklagt falsche Anspruchsgegnerin
Tarifliche Herabstufung eines Oberarztes nur bei schlüssiger Darlegung einer Minderleistung
von Rechtsanwalt Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
| Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 25. März 2014 zugunsten eines HNO-Arztes entschieden, der sich gegen eine Degradierung vom Oberarzt zum Facharzt zur Wehr setzte. Das Universitätsklinikum habe die Minderleistung des Arztes nicht schlüssig dargelegt (Az. 6 Sa 357/13, Abruf-Nr. 141682 ). |
Der Fall
Der 1972 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete HNO-Arzt war seit 1998 zunächst als Assistenzarzt, seit 2005 als Facharzt in einem Universitätsklinikum tätig. Mitte 2011 wurde ein bis zum 31. März 2012 befristeter Arbeitsvertrag vereinbart, in dem einzelvertraglich die Anwendbarkeit des Tarifvertrags für Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) geregelt war. Der Arzt wurde in die Entgeltgruppe (EG) Ä 2, Stufe 2 TV-Ärzte eingruppiert und entsprechend vergütet.
Ende 2011 bestellte das Uniklinikum den Arzt als Oberarzt für den Bereich „computer-assistierte Chirurgie“ und vergütete fortan nach der EG Ä 3, Stufe 1 TV-Ärzte. In der Folgezeit wurde der Arbeitsvertrag unbefristet fortgesetzt.
Personalrat stellte sich quer
Im September 2012 teilte das Uniklinikum dem Personalrat mit, es wolle gegenüber dem Arzt wegen einer Herabgruppierung zum Facharzt eine Änderungskündigung aussprechen. Der Arzt habe nur eingeschränkte operative Fähigkeiten, die es nicht erlaubten, ihn Eingriffe unbeaufsichtigt durchführen zu lassen. Der Personalrat widersprach der geplanten Maßnahme.
Klinikum kündigte dem Arzt trotzdem und bot Stelle als Facharzt an
Das Universitätsklinikum kündigte dem HNO-Arzt das Arbeitsverhältnis im November 2012 ordentlich zum 30. Juni 2013 und bot zugleich an, den Arzt ab Juli 2013 als Facharzt nach der EG Ä 2 Stufe 2 TV-Ärzte zu beschäftigen. Zur Begründung der Änderungskündigung gab es elementare fachliche Defizite des Arztes an, die einer oberärztlichen Tätigkeit entgegenstünden. Bei einem Klinikum der Maximalversorgung müsse ein HNO-Oberarzt unter anderem (mittel-)schwere HNO-Operationen eigenständig durchführen können, woran es bei dem betroffenen HNO-Arzt fehle.
Arzt erhob Änderungskündigungsschutzklage
Der Arzt hat die Änderungen unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen und beim Arbeitsgericht (ArbG) Mainz eine „Änderungskündigungsschutzklage“ erhoben. Das ArbG gab dem Arzt Recht. Die Berufung des Klinikums wies das LAG Rheinland-Pfalz zurück.
|
Die Änderungskündigung dient dem Arbeitgeber als Gestaltungsmittel, um einseitig solche Veränderungen der Arbeitsbedingungen zu erreichen, die von dem zulässigen Rahmen des Direktionsrechts nicht mehr gedeckt sind. Eine Änderungskündigung beinhaltet stets eine Beendigungskündigung des Arbeitsverhältnisses verbunden mit dem Angebot, dieses mit geänderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Der Arbeitnehmer kann wie folgt reagieren:
|
LAG verwirft Argumentation der Klinik
Die Klinik könne sich – so das LAG – weder auf einen personen- noch auf einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund stützen. Es fehle bereits an der schlüssigen Darlegung einer behaupteten Minderleistung des Arztes.
Anhaltspunkte für die behauptete Unfähigkeit des Arztes zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Operationen ergäben sich auch nicht aus der vorgelegten Operationsliste. Die bloße Zusammensetzung der OP-Teams allein lasse nämlich keine Rückschlüsse auf fehlende Fähigkeiten des Arztes zu. Zudem sei der Arzt bei enger Personaldecke durchaus ohne weiteren Oberarzt eingeteilt worden. Ohne weiteren Vortrag zum Verlauf der Operationen – insbesondere dazu, in welcher Häufigkeit und aus welchen Gründen ein Eingreifen eines weiteren Oberarztes notwendig war – lasse sich eine erhebliche Minderleistung des Arztes nicht verifizieren.
Soweit die Klinik vortrage, der Arzt sei fachlich nicht in der Lage, Rufbereitschaftsdienste zu leisten, erweise sich dies ebenfalls als reine Schutzbehauptung. Unbestritten habe der Arzt nur in einem Fall während eigener Rufbereitschaft einen weiteren Kollegen telefonisch um Rat ersucht. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Klinik erhebliche Minderleistungen des Klägers dargelegt hätte, müsse das Universitätsklinikum sich entgegenhalten lassen, dass jedenfalls künftig aufgrund wachsender Erfahrung mit einer entsprechenden Leistung des Arztes zu rechnen sei.
|
Geschützt: Ausstieg als Oberarzt, Einstieg als Vertragsarzt? – Doch Vorsicht beim Kauf eines Arztsitzes!
Geschützt: Oberärzte mit Ermächtigung dürfen zur Teilnahme am KV-Notdienst verpflichtet werden
Vorsicht bei der Aufklärung „fremder“ Patienten!
von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht Julia Godemann, Dierks + Bohle Rechtsanwälte, Düsseldorf, www.db-law.de
| Auch ein Arzt, der nur die Aufklärung eines Patienten übernimmt und im Übrigen nicht an der Behandlung beteiligt ist, kann haften, wenn die Aufklärung fehlerhaft war. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 21. Oktober 2014 erneut entschieden (Az. VI ZR 14/14, Abruf-Nr. 173478 ). |
Der Fall
Die Patientin stellte sich mit Kniebeschwerden in einer Privatklinik vor. Die Voruntersuchung erfolgte durch einen Arzt der Privatklinik, der ihr zur Operation beider Knie riet. Die Aufklärungsgespräche wurden an beiden OP-Tagen von einer niedergelassenen Ärztin geführt, die im Rahmen eines Kooperationsvertrags in der Klinik tätig war. In den von der Patientin unterschriebenen Einverständniserklärungen hieß es, dass sie über die Erfolgsaussichten der Eingriffe aufgeklärt worden sei.
Die Operation nahm ein anderer Klinikarzt vor. Weil die Patientin mit den OP-Erfolgen nicht zufrieden war, nahm sie die aufklärende Ärztin wegen unzureichender Aufklärung auf Schadenersatz in Anspruch. Das Landgericht München bestätigte eine Haftung der Ärztin wegen Aufklärungsmängeln. Das von der Ärztin angerufene Oberlandesgericht München verneinte hingegen eine Haftung. Dagegen ging die Patientin in Revision.
Das Urteil
Der BGH hob das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Gericht zurück. Mit der Aufklärung übernehme der Arzt einen Teil der ärztlichen Behandlung. Eine Haftung sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass der aufklärende Arzt nicht derjenige sei, der dem Patienten initial zur OP geraten habe. Es gäbe keinen allgemeinen Rechtssatz, wonach ein Arzt, der weder an der Indikationsstellung noch an der Vereinbarung der Operation beteiligt war, nur die Aufklärung über die allgemeinen Risiken des Eingriffs übernehme und daher auch nur soweit hafte, als sich diese Risiken verwirklichen. Eine Garantenpflicht könne sich auch aus dem Vertrauen ergeben, das der aufklärende Arzt beim Patienten hervorrufe.
Das OLG muss nun prüfen, ob die Patientin bereits von den behandelnden Ärzten über die Erfolgsaussichten der OP aufgeklärt wurde, oder ob dies die niedergelassene Ärztin anstelle der Klinikärzte übernommen hatte.
|