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Selbständige Tätigkeit eines Arztes: Honorararzt oder nicht?

Im Regelfall ist ein Honorararzt in einer Klinik abhängig beschäftigt, meint das Bundessozialgericht (Urteil vom 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R und weitere). Doch ob es sich bei einer Zusammenarbeit mit freiberuflichen Ärzten um eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit dieser Ärzte handelt, hängt von der Einzelfallgestaltung ab. Im sog. Statusfeststellungsverfahren ist zu klären, ob eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung besteht.

Der Fall

Ambulante Palliativversorgung erfolgt immer häufiger mittels Organisationen, die ihre Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen. Um ein ausreichendes Versorgungsnetz für Palliativpatienten zur Verfügung stellen zu können, beschäftigen die Organisationen zum einen angestellte Ärzte und vereinbaren zum anderen aber auch mit anderen Ärzten eine Zusammenarbeit.

Eine Gemeinnützige GmbH erbringt als Leistungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung und rechnet ihre Leistungen entsprechend mit den Krankenkassen ab. Zur Erfüllung dieses Versorgungsauftrags beschäftigt sie mehrere in Vollzeit angestellte Ärzte sowie Verwaltungspersonal. Außerdem hat sie über Kooperationsverträge ein Netzwerk mit Hausärzten aufgebaut, um Versorgungsleistungen flächendeckend erbringen zu können.

Ein derart eingebundener Arzt ist niedergelassener Hausarzt mit eigener Praxis. Er ist nach entsprechender Fortbildung berechtigt, die Zusatzbezeichnung „Palliativmediziner“ zu führen. Der Arzt wurde für die gGmbH aufgrund eines „Kooperations-Honorarvertrags“, wonach der Arzt seine Leistungen als Selbständiger erbringen sollte, gegen Stundenlohn tätig.

Der Rentenversicherungsträger stufte die Tätigkeit des Arztes im Statusfeststellungsverfahren als abhängige Beschäftigung ein. Bei seiner Tätigkeit sei der Arzt in den Betrieb der gGmbH eingebunden und könne nicht frei von Weisungen agieren. Auch seine Vergütung erhalte er nicht direkt von der Krankenkasse, sondern wie ein abhängig Beschäftigter von der gGmbH mittels Stundenlohn.

Das Sozialgericht Augsburg hat die Bescheide des Rentenversicherungsträgers aufgehoben. Der klagende Arzt sei weder in den Betrieb der gGmbH eingebunden, noch unterliege er bei seiner Tätigkeit Weisungen. Ein unternehmerisches Risiko des Arztes ergebe sich daraus, dass dieser die teure Fortbildung zum Palliativmediziner selbst bezahlt habe.

Die Entscheidung

Das Landessozialgericht hat nun die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigt: Tätigkeiten, wie sie der Arzt für die gGmbH auf Honorarbasis ausübe, könnten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch in selbständiger Tätigkeit erbracht werden.

Maßgebend für die Beurteilung sei die konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit, insbesondere die vertraglichen Grundlagen und die tatsächliche Erbringung der Leistungen. Bei Abwägung der entscheidungsrelevanten Umstände habe das Sozialgericht die Tätigkeit zu Recht als selbstständige Tätigkeit eingeordnet.

[!] Die einzelnen Regelungen des Kooperationsvertrages sprechen hier im konkreten Einzelfall für eine selbständige Tätigkeit des Arztes, ebenso wie die von Weisungen frei gestaltete Versorgung der Patienten durch den Arzt.

Sozialgericht Augsburg,  03.3.2017 – S 1 R 886/17
Bayer. LSG, 11.4.2019 – L 7 R 5050/17