Approbation weg wegen transdermaler Opiodtherapie?
von RA Philip Christmann, Berlin / Heidelberg – www.christmann-law.de
Im Mai-Heft berichteten wir über Suchtgefährdungen und -erkrankungen bei Ärzten. Wichtig ist, dass sich der Arzt in einer solchen Situation kooperativ verhält. Dann ist ein Ruhen der Approbation nicht gerechtfertigt, wie der Fall eines bayerischen Facharztes zeigt.
Im Januar 1987 wurde bei einem Facharzt Morbus Crohn diagnostiziert. 1988 und 1990 erfolgten Darmoperationen mit weitgehender Entfernung des Dickdarms. Es besteht eine Ileosigmoidostomie. Die letzte chirurgische Intervention erfolgte 2004, als eine Anastomosenstenose behoben werden musste. Nach der Darmoperation 1990 wurden dem Kläger (auch) Morphiumpräparate gegen die Schmerzen verschrieben. Dabei bemerkte der Kläger neben der Wirkung auf die Schmerzen auch eine günstige Beeinflussung seiner heftigen Durchfälle.
Im Januar 2013 wurde eine weitere ernsthafte Erkrankung diagnostiziert: Nach hartnäckigen Bronchitiden hatte sich eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) herausgestellt, die auf einen Alpha-I-Antitrypsinmangel und einen entsprechenden Gendefekt zurückzuführen ist. Der Arzt behandelte seine durch den Morbus Crohn und die COPD entstandenen Schmerzen mit selbst beschafften Opioiden, u.a. mit Oxycodon. Wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz erhielt er eine Geldstrafe.
Arzt und Bezirksregierung verhandelten längere Zeit über Maßnahmen zur Bekämpfung der Opioidabhängigkeit. Der Arzt kooperierte und nahm an Entzugsbehandlungen teil. Zuletzt verwendete er ärztlich verordnete opioidhaltige Pflaster. Trotzdem stellte die Regierung von Oberbayern die Approbation des Arztes ruhend (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BÄO).
Das Verwaltungsgericht Augsburg hob das Ruhen der Approbation auf (VG Augsburg, Beschluss vom 12. 1. 2017 – Au 2 K 15.1777). Die Berufung der Bezirksregierung dagegen wurde nun vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 25. 4. 2018 – Az. 21 ZB 17.311 ) abgelehnt. Denn die vom Gericht befragten Sachverständigen kamen zu dem Ergebnis, dass bei der kontrollierten transdermalen Opioidtherapie nicht von einer Abhängigkeitssituation oder Suchterkrankung ausgegangen werden könne: Bei dieser Therapie seien nach wenigen Wochen keine Aufmerksamkeitsdefizite oder Ähnliches mehr zu erwarten. Die Therapie diene der Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des Arztberufs.
[!] Maßgeblich ist in solchen Fällen, dass der Arzt kooperiert und insbesondere an einer ärztlich kontrollierten Therapie teilnimmt, wie es der betroffene Arzt tat. In einem solchen Fall tun sich die Gerichte erfahrungsgemäß schwer, einem Arzt die berufliche Grundlage zu entziehen.
Suchtkranke Ärzte: Verschweigende Kollegialität ist tödlich!