Weniger Weihnachtsgeld wegen Streik?
Das Weihnachtsgeld gehört für viele Beschäftigte fest zum Jahresende dazu. Umso größer ist die Überraschung, wenn es plötzlich gekürzt wird. Genau das passierte in einem aktuellen Fall: Arbeitnehmende, die an einem Streik teilnahmen, bekamen weniger Weihnachtsgeld.
von Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln
Ein Unternehmen kürzte die Sonderzahlung um 1/60 pro Streiktag. Grundlage war eine Betriebsvereinbarung. Diese sah vor, dass bei Fehlzeiten – egal aus welchem Grund – die Sonderzahlung anteilig gekürzt wird. Mehrere Beschäftigte klagten dagegen. Sie beriefen sich darauf, dass Streiks nicht zu Sanktionen führen dürften.
Das Urteil: Kürzung ist erlaubt
Das Arbeitsgericht Offenbach stellte klar: Grundsätzlich darf niemand wegen einer Streikteilnahme abgemahnt oder gekündigt werden. Eine Kürzung des Weihnachtsgelds ist aber möglich – solange sie auf einer neutralen Regelung in einer Betriebsvereinbarung beruht. Genau das war hier der Fall. Die Klage der Arbeitnehmenden blieb erfolglos.
Das Urteil zeigt: Arbeitgeber dürfen Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld reduzieren, wenn entsprechende Regelungen im Betrieb bestehen. Entscheidend ist, dass diese Regelungen alle Fehlzeiten gleichbehandeln – egal, ob Krankheit, unbezahlter Urlaub oder eben Streik.
Ob Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld: Sonderzahlungen sind nicht immer garantiert. Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge spielen eine große Rolle. Wer von Kürzungen betroffen ist, sollte prüfen lassen, ob diese rechtmäßig sind.
Arbeitsgericht Offenbach, 28. August 2025 – Az.: 10 Ca 57/25
Der Autor ist Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.